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Archiv-Artikel

Letztes Aufbäumen gegen Vattenfall

Der Stromkonzern schafft Fakten: Für seinen Braunkohletagebau hat Vattenfall den Lacomaer Teichen bei Cottbus das Wasser abgegraben, bald sollen die Bäume der geschützen Landschaft fallen. Robin Wood protestiert mit Besetzung

VATTENFALL WILL NOCH MEHR KOHLE

Der Senat lehnt ein neues Kohlekraftwerk in Lichtenberg ab, selbst wenn es der Energiekonzern Vattenfall mit einer Technik zur CO2-Abscheidung ausstatten würde. Die so genannte Oxyfuel-Technik sei weder ausgereift, noch seien die Bedingungen für die Speicherung von Kohlendioxid geklärt, sagte Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke). „Ein Kohlekraftwerk widerspricht unseren klimapolitischen Zielen.“ Die Energieerzeugung auf Kohlebasis bleibe für die Stadt ein Auslaufmodell, so Lompscher weiter. Medienberichten zufolge erwägt Vattenfall, die Anlage Klingenberg in Lichtenberg bis 2015 durch ein Kohlekraftwerk mit CO2-Abscheidungs-Anlage zu ersetzen. Beim Oxyfuel-Verfahren wird Kohlendioxid verflüssigt, so dass es in geeignete unterirdische Lagerstätten gepumpt werden kann. Bisher hatte Vattenfall lediglich angekündigt, diese Technik nachzurüsten, wenn sie marktfähig sei. Zudem hatte der Konzern betont, er prüfe gleichberechtigt eine klimafreundlichere Erdgasvariante. Wie der Senat halten auch die Grünen wenig von dem Versuch des Konzerns, der Stadt ein Kohlekraftwerk schmackhaft zu machen: „Statt mit der CO2-Abscheidung zu versuchen, die Kohle als Energieträger zu retten, sollte Vattenfall in regenerative Energien investieren“, sagte Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig. US

VON WALTRAUD SCHWAB

Umweltaktivisten von Robin Wood besetzen seit gestern Bäume bei den Lacomaer Teichen in der Lausitz. Vattenfall will dort demnächst mit Baumfällungen beginnen, um so das Gelände für den Braunkohletagebau freizuräumen. Die Besetzung ist das letzte Mittel, das den Naturschützern bleibt, um auf die Zerstörung dieses Biotops unweit von Cottbus aufmerksam zu machen. Das Dutzend Leute will, wenn es sein muss, auch monatelang auf den Bäumen ausharren, sagt Ute Bertrand, die Pressesprecherin von Robin Wood. „Wir stellen die Braunkohleverstromung an den Pranger.“

Schon seit 17 Jahren wird erbittert um das 300 Hektar große Gebiet gekämpft, in dem über 170 seltene und vom Aussterben bedrohte Tiere und Pflanzen heimisch sind. Denn unter den 22 Teichen und dem bereits zerstörten Dorf Lacoma liegen schätzungsweise 42 Millionen Tonnen Braunkohle. Vattenfall kam in deren Besitz, nachdem der Konzern die Laubag (Lausitzer Braunkohlen AG) gekauft hatte. Seither beharrt der Stromriese mit allen Mitteln darauf, diese Kohle zu fördern und zu verstromen.

Umweltschützer hatten zuletzt vor allem gehofft, dass die Rettung der Teiche vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt wird. Die Lacomaer Teiche gelten als Flora-Fauna-Habitat für seltene Tiere. Damit stehen sie unter besonderem europäischem Schutz. Die Regierung Brandenburgs indes habe es versäumt, das Gebiet der EU zu melden, sagt die Grüne Liga. Aus ihrer Sicht ist das ein grober Verstoß gegen EU-Recht.

Aber die EU kann jetzt auch nicht mehr helfen. Vattenfall hat auf Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses des Cottbusser Bergbauamts vom Dezember 2006, das das Abbaggern erlaubt, angefangen, Tatsachen zu schaffen. Dies, obwohl die Umweltschützer dagegen klagten und in einem separaten Eilverfahren die aufschiebende Wirkung der Klage anstrengten. Doch das Eilverfahren wurde diesen Sommer vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg abgeschmettert. Vattenfall kann deshalb mit den Vorbereitungsarbeiten für den Tagebau beginnen. Der Konzern hat den Teichen den Wasserzulauf gekappt und wird im Herbst anfangen, Bäume zu fällen.

Das Gebiet ist verloren. Das sehen auch die Umweltschützer so. Der Natur würde es nichts nutzen, wenn die Grüne Liga, die den Rechtsstreit getragen hat, im noch nicht begonnenen Hauptverfahren recht bekäme – weil Vattenfall bis dahin längst alles abgebaggert hat. Deshalb hat man sich in einem außergerichtlichen Vergleich mit Vattenfall geeinigt. „Unser Ziel war es, das Gebiet zu erhalten“, sagt René Schuster von der Grünen Liga. „Das Ziel war nicht mehr zu erreichen.“

Die Baumbesetzung ist deshalb vor allem ein Aufschrei gegen eine Strompolitik, die wertvolle Natur zu Gunsten der kohlendioxidintensivsten Stromherstellung zerstört. „Vattenfall als Klimakiller top, im Umweltschutz ein Flop“ steht deshalb auf einem der Transparente der Baumbesetzer. Angesichts der Klimaveränderungen sei die Politik des Konzerns unverantwortlich, argumentiert Bertrand von Robin Wood, die die Baumbesetzung begleitet. Für Vattenfall indes ist die Handlungsweise der Baumbesetzer nicht nachvollziehbar, meint deren Sprecher Marco Bayer lapidar.