: Bremen schenkt sich nichts
Während die Region Hannover im Frühjahr und Hamburg im Sommer die Mietobergrenzen für ALG II-Empfänger erhöht haben, wird das Thema an der Weser noch immer debattiert: Die verlässliche Handlungsgrundlage fehlt
Bremen ist spät dran: In Hamburg hat der CDU-Senat die Mietobergrenzen für Bezieher von Arbeitslosengeld II zum 1. Juli dem Mietenspiegel angepasst. Und schon zum 1. Mai hat die Region Hannover die Werte erhöht: Im Stadtgebiet von 300 auf 350 Euro für einen Einpersonen-Haushalt. An der Weser aber tobt die Debatte noch – zum Beispiel gestern in der Bürgerschaft. Die Linksfraktion, ganz übereifriger Parlamentsneuling, hatte drei Anfragen und eine Aktuelle Stunde angezettelt.
Zwar plant der rot-grüne Senat eine Erhöhung. Im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist das Ziel, die Zahl der so genannten Umzugsaufforderungen drastisch zu reduzieren. Die bisher von der Sozialbehörde vorgeschlagenen neuen Grenzen halten rote, grüne und dunkelrote Abgeordnete für zu niedrig. CDU und FDP wiederum scheinen sie überhöht. Linksfraktions-Chef Peter Erlanson verlangte gestern pauschal, „dass Bremen mit den Zwangsumzügen aufhört“. Irritiert vom Beifall der CDU wies dagegen der grüne Linksaußen Horst Frehe darauf hin, die Stadt könne sich nicht, „nach Florida-Rolf einen Appartement-Helmut leisten“.
Höhnisches Gelächter erntete dann Inga Nitz (Linke) für den Wunsch, „den Finanzierungsaspekt nicht so hoch zu hängen“: Im Zuge der Finanzbeihilfe-Klage des Landes vor dem Bundesverfassungsgericht gilt es als tödlich, den Eindruck zu vermitteln, in Bremen würden noch Geschenke verteilt. Zugleich fehlt eine belastbare Grundlage: Einen qualifizierten Mietspiegel gibt es ebenso wenig wie einen einschlägigen Richterspruch.
Anders in Hannover: Dort hatte das Landessozialgericht Ende April festgestellt, dass die „Angemessenheitsgrenze“ in Anlehnung an die „rechte Spalte“ der Wohngeldtabelle des Bundes – dem Wert für Neubauten – zu ermitteln sei: 350 Euro pro Einpersonenhaushalt. Das hat die Verwaltung in die Praxis umgesetzt – ohne viel Öffentlichkeitsarbeit. Vielleicht auch, um vom Nachsatz des Urteils abzulenken: Der verlangt, dass besagter Wert noch „um zehn Prozent zu erhöhen“ sei (Az: L7 AS 494/05).
Um Fakten zu schaffen, hatte Bremens Sozialsenatorin die Firma Gewos mit einem Gutachten betraut: Aus der Modellrechnung ergibt sich, dass eine Anhebung von 285 auf 310 Euro für den Einpersonenhaushalt die Zahl der Umzugsaufforderungen halbieren würde – auf 2.800. „Das ist mir“, so gestern Wolfgang Grotheer (SPD), „und meiner Fraktion zu viel.“ Und dem Markt: Frei sind in diesem Segment laut Gutachten bloß 260 Wohneinheiten. BES