: Der Brückenbauer aus Bamako
Habib Koité ist der bekannteste Popstar Westafrikas. Doch vor allem ist der Mann aus Mali ein Bewahrer und Bote der Kultur des Landes. Die steht im Mittelpunkt des neues Album „Afriki“, das er heute in der Fabrik vorstellt
Habib Koité ist ein vielbeschäftigter Mann. Als künstlerischer Leiter des berühmten „Desert Blues Festival“ hat der in Bamako lebende Sänger und Gitarrist einiges um die Ohren. Einer der Gründe, weshalb der sympathische Mann mit den schwarzen Dreadlocks sechs Jahre ins Land ziehen ließ, bis er mit „Afriki“ eine neue Platte vorlegte. „In Afrika dauert vieles etwas länger“, sagt der 49-Jährige und lässt ein Lächeln über die Lippen huschen. Habib Koité hat sich Zeit genommen für „Afriki“, denn er wollte die eigene Musik weiterentwickeln und nach dem großen internationalen Erfolg von „Baro“ keinen Schnellschuss landen. Den Anspruch an die eigene Arbeit nimmt man ihm ab.
Längst gilt Koité als Aushängeschild der Musikszene seines Landes. Die hat international Renommee, denn Ali Farka Touré, Tumani Diabaté, das blinde Sängerpaar Amadou & Mariam oder Rokia Traoré gehören zur Crème de la crème der Weltmusik. Anders als viele Kollegen hat sich Habib Koité jedoch nicht auf einen Stil oder ein Genre festgelegt. Er ist der ungekrönte König der Fusion in Mali und versucht der musikalischen Vielfalt seines Landes gerecht zu werden. „Im Senegal oder im Kongo dominiert ein Genre den gesamten Musikbetrieb, in Mali haben wir jedoch viele unterschiedliche Genres und Rhythmen“, erklärt Koité.
Diese Vielfalt kommt nicht von ungefähr, denn in den Grenzen Malis leben viele Völker zusammen, die allesamt ihre eigene Kultur und Sprache haben. Auf die will Habib Koité aufmerksam machen und sie lebendig halten und diesen kulturellen Schatz nicht verstauben lassen. Dafür ist er viel gereist in Mali, hat sich mit der Musik der Bambara, Soninke, Fulbe und vieler anderer Völker vertraut gemacht und deren Musik auf „Afriki“ einfließen lassen. Er hat die Genres fusioniert und so der musikalischen Vielfalt seines Landes ein Denkmal gesetzt.
Dabei kommen auch traditionelle Instrumente wie die Buschharfe zum Einsatz. Die gehören für Koité zur traditionellen Kultur, der sich vor allem die Jugend wieder stärker bewusst werden sollen. „Wir müssen lernen über unser Land und den Kontinent nachzudenken, über uns und unsere Zukunft“, appelliert Koité mit ruhiger Stimme. Zugleich hat sich der Sohn einer traditionellen Griot-Sippe, so werden die singenden Geschichtenerzähler Westafrikas genannt, mit der Gegenwart und Zukunft seines Landes beschäftigt. Er kann die Bilder von Afrikanern, die verzweifelt versuchen nach Europa zu gelangen, nicht mehr sehen. „Es gibt kein Eldorado in Frankreich und es wird Zeit, dass wir lernen unsere eigene Power zu nutzen“, appelliert Koité mit fester Stimme. Ein Thema, das sich genauso wie die Absage an die Korruption auf „Afriki“ wieder findet. „Die führt oft dazu, dass Entwicklungshilfegelder in Allradtrucks und schönen Villen versickern“, ärgert sich der Songwriter und streicht sich eine dicke Haarsträhne aus der Stirn.
Die zentrale Message des Gitarristen, der am Konservatorium in Bamako eine klassische Ausbildung erhielt, ist jedoch positiv. Zusammenbringen will er die Leute und dazu gehört es, Brücken zwischen Tradition und Moderne zu bauen, um den Dialog zwischen den Generationen zu initiieren. Das hat er mit „Afriki“ versucht und so betrachtet ist das Album eine klingende Brücke. Die kann man heute in der Fabrik beschreiten. KNUT HENKEL
Do, 21. 9., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36