LESERINNENBRIEFE :
Politische Moral ist tief gesunken
■ betr.: „Arschlöcher und Rumpelstilzchen“, taz vom 5. 9. 11
Jede Aufregung ist also unangebracht, wenn ein hochrangiger Politiker die verfassungsgemäß verankerte Gewissensfreiheit der Abgeordneten als „Scheiße“ bezeichnet? Wie tief soll denn die politische Moral noch sinken? Dass die anderen auch nicht besser sind, macht das Ganze nicht erträglicher! ULRICH SEIDEL, Lage
Anstand und Respekt fehlt
■ betr.: „Cholerischer Polterer“, taz vom 4. 9. 11
Solche „verbalen Ausrutscher“ sind das eindeutige Zeichen dafür, wie „vergiftet“ mittlerweile die Stimmung innerhalb der regierenden Parteien ist. So etwas darf nicht unter Fraktions- oder Parteikollegen passieren, und auch den politischen Gegner attackiert man so keineswegs! Mit Anstand und Respekt hat das überhaupt nichts mehr zu tun! CHRISTIAN LUKNER, Bonn
Hut nehmen
■ betr.: „Cholerischer Polterer“, taz vom 4. 9. 11
Abgeordnete sind keine Befehlsempfänger des Kanzleramtes, und ihre Gewissensfreiheit bei Abstimmungen im Deutschen Bundestag ist bekanntlich vom Grundgesetz garantiert. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla sollte seinen Hut nehmen. Seine Verbalattacken schaden der politischen Kultur und sind ein Affront gegen die parlamentarische Demokratie. ALBERT ALTEN, Wernigerode
„Fußtritte“ für Menschenrechte
■ betr.: „UN-Resolution zu Syrien gescheitert. Syrischer Botschafter sorgt für Eklat“, taz.de vom 1. 10. 11
Es überrascht nicht wirklich, dass China und Russland trotzdem ihr Veto gegen eine Syrienresolution eingelegt haben. China geht seit dem Tian’anmen-Massaker von 1989 subtiler, aber nicht mit minderer Härte gegen Regimegegner vor. Und auch Russland hat aus der Vergangenheit der Sowjetzeiten in dieser Richtung gelernt. Die gelenkte Diktokratie à la Putin steht sinnbildlich dafür.
Natürlich ist das Veto von China und Russland auch auf wirtschaftliche und militärische Beziehungen zu Syrien zurückzuführen. In dieser Angelegenheit haben zwar auch die westlichen Vetomächte Frankreich, Großbritannien und die USA keine weiße Weste, im Gegenteil. Doch bei tausenden Toten, Unterdrückung und Staatsterror von Dialog mit dem Verbrecherregime Assad zu reden, ist der Zynismus auf die Spitze getrieben. Assad und seine Getreuen kennen das Wort Dialog gar nicht. Einmal mehr lässt der UN Sicherheitsrat Menschen alleine und wieder einmal wird das Menschrechtspflänzchen mit Füßen getreten. PASCAL MERZ, Sursee, Schweiz
Männer auf der Ersatzbank
■ betr.: „Männliche Lehrer sterben aus“, taz vom 5. 9. 11
Ein angehender Lehrer aus meiner Verwandtschaft, ein motivierter, junger, talentierter Mann mit einem übertrieben guten Abschluss von 1,2 wartet seit gut eineinhalb Jahren auf eine Referendariatsstelle als Grundschullehrer im Großraum Hamburg. Bloß 15 Prozent der Stellen wurden dort in der vorletzten Vergaberunde an Männer vergeben. Wenn die Not tatsächlich so groß ist, was machen diese jungen Männer dann monatelang auf der Ersatzbank? Auch wenn ich, laut Artikel, als Mädchen nicht zu der primären Zielgruppe männlicher Vorbilder gehörte, bin ich schockiert, wenn dieser Missstand zumindest zu Teilen nach mehr als 15 Jahren immer noch nicht beseitigt wurde. Und zudem ein Mann mit vollendetem 1. Staatsexamen mittlerweile über ein Jahr bei einer Bekleidungskette jobbt und sich ernsthaft Gedanken über seine Berufswahl machen muss.
ANONYM [Name ist der Redaktion bekannt], Flensburg