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Archiv-Artikel

Stiefel statt Kufen

In Wilhelmshaven wurde Anfang der Woche die Eissporthalle zwangsversteigert. Für 100.000 Euro erhielten zwei stadtbekannte Geschäftsmänner den Zuschlag. Sie sympathisieren offen mit der rechtsradikalen Szene

DER EC WILHELMSHAVEN

Die Eissporthalle am Sportforum hat Platz für 1.908 Besucher. Hier fand auch das Training der Eishockeymannschaft statt. In den 90ern war der Verein unter dem Namen „EC Wilhelmshaven-Stickhausen“ bekannt. Nach einem Konkurs wurde die Mannschaft, die zeitweise in der Zweiten Eishockey-Bundesliga gespielt hatte, unter dem Namen „EC Wilhelmshaven – Die Jadehaie“ neu gegründet. Die Jadehaie spielten bis zur Saison 2004/05 in der Regionalliga Nord, doch ein neues Insolvenzverfahren forderte eine weitere Neugründung unter dem Namen „EC Wilhelmshaven-Friesland“. In der Saison 2006 / 07 verzichtete der Verein auf eine Teilnahme am Spielbetrieb, da die Eigentumsverhältnisse der Eissporthalle ungeklärt waren und eine Nutzung des Bremer Eisstadions eine zu große finanzielle Belastung gewesen wäre.  STL

VON BENNO SCHIRRMEISTER

Herbert Heger ist nicht Jürgen Rieger. Er ist kein Anwalt, er ist nicht so bekannt und in den vergangenen 18 Jahren hatte er sich aus Norddeutschland zurückgezogen. Er war in den Osten gegangen, nach Eisleben in Sachsen-Anhalt: H. + H. Hotelbetriebs-GmbH heißt seine dortige Firma. Ab Montag gehört ihr voraussichtlich auch die Eissporthalle Wilhelmshaven.

In Wilhelmshaven hat man allerdings sehr lebhafte Erinnerungen an den potenziellen Käufer: „In den 70er und 80er Jahren“ sei der Heimkehrer „Hardliner in der rechtsradikalen Szene“ gewesen, sagt Johann Janssen im Lokalradio. Janssen ist Ratsherr für die Linke Alternative – und er befürchtet, dass durch den Immobilien-Deal rechtsradikale Überzeugungstäter eine Halle bekämen – noch dazu in City-Lage. Das entsprechende Bedürfnis der rechten Szene ist kaum übersehbar: Gerade erst ist das Oldenburger Verbot einer NPD-Veranstaltung höchstrichterlich bestätigt worden. Eine Halle mit 5.000 Besucher-Plätzen in Sympathisantenhänden, und schon wäre es kein Problem mehr für NPD oder DVU, Parteitage zu veranstalten.

Janssens Sorge wird genährt dadurch, dass Heger nicht allein, sondern mit einem alten Weggefährten aufgetreten ist: Gemeinsam mit dem Immobilienmakler Robert Baar habe Heger seinerzeit für sehr viel Unruhe in der Stadt gesorgt: Finanziell unterstützten sie die Republikaner. Als Heger wegging, ist Baar in der Stadt geblieben. Er hätte für den Landtag kandidieren sollen, versuchte in der Region als Immobilienmakler zu Geld zu kommen – und betätigte sich als Sponsor des Eishockey-Clubs.

Von dem ist nicht mehr oft die Rede, die letzte gesicherte Nachricht betrifft die Saison 2006 / 07: Der Verein habe auf eine Teilnahme am Spielbetrieb verzichtet, heißt es in den Branchen-Foren. Grund sei die „ungeklärte Halleneigentümersituation“. Kontaktpersonen kennt niemand. „Irgendwo“, so sagt ein Sprecher der Stadtverwaltung, „gibt es noch ein paar traurige Fans“. Aber selbst deren Internet-Plattform scheint nicht mehr zu existieren.

Aber manche Sachen kehren wieder. So zum Beispiel das Duo Baar und Heger: „Hier war man davon ausgegangen“, sagt Tim Sommer, Schuldnerberater und Mitinitiator des lokalen Informations-Bündnisses „Stop Rechts“, „dass die beiden nicht mehr im Kontakt stehen.“ Bis vergangenen Montag. Da waren die beiden alten Weggefährten unerwartet im Saal 50 des Amtsgerichts aufgetaucht. Um 11.15 Uhr hatte dort der Rechtspfleger das „im Grundbuch von Wilhelmshaven Blatt 20193 eingetragene Grundstück, laufende Nummer 2, Gemarkung Rüstringen, Flur 5, Flurstück 16/23“ aufgerufen – die Eissporthalle.

Bei den vorangegangenen Auktionsterminen war kein Gebot von mindestens der Hälfte des Verkehrswertes abgegeben worden. Der liegt laut Gutachten bei 450.000 Euro. Beim dritten Termin schreibt das Zwangsversteigerungsgesetz aber kein Mindestgebot mehr vor. „Es geschah ganz lange nichts“, sagt Sommer. Dann, Minuten vor Ablauf der Frist eilt Heger nach vorne. Für 100.000 Euro bekommt er den Zuschlag. Also die Halle. Es sei denn, die Gläubiger stimmen nicht zu.

Unwahrscheinlich: Deren Rechtsvertreter hatte bereits signalisiert, dass man egal an wen – und zu jedem Preis verkaufen werde. Die Halle ist in einem katastrophalen baulichen Zustand: Um sie für Eishockey erneut nutzbar zu machen, so die Schätzungen, sind Investitionen in Millionenhöhe notwendig. 100.000 Euro – das scheint trotz allem kein so schlechter Preis. Am Montag, 1. Oktober, endet die Widerspruchsfrist. Eine Stellungnahme von Heger ist nicht zu bekommen: Die H. + H. Hotelbetriebs-GmbH steht im Telefonbuch Eisleben. Allerdings meldet eine elektronische Stimme: „Die gewählte Nummer ist ungültig“. Anruf bei der Auskunft: Nein, „das ist die einzige Nummer“, der Anschluss sei auch nicht abgemeldet.

Die Stadtverwaltung will „nicht über die Beweggründe von Herrn Heger spekulieren“ und mit Äußerungen zum Vorgang bis zum Ablauf der Einspruchsfrist abwarten: „Am Montag wird es eine Stellungnahme geben“, so ein Sprecher, „vorher nicht“. Das sei fest vereinbart. Kein Verständnis für diesen Schweigekurs haben die Leute von „Stop Rechts“: Selbst wenn man auf eine rechtliche Option hoffe und versuche, etwas zu regeln, könne man doch „deutlich sagen, was man davon hält“, sagt Menzel.

Weitere Infos: www.stop-rechts.de