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Archiv-Artikel

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ verändert ihr Erscheinungsbild

Keine Frakturschrift mehr auf Seite 1 / Nun mit Farbfoto / taz erinnert an Tradition

raa. BERLIN, 4. Oktober. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.) erscheint von heute an in neuem Gewand. Statt der Frakturschrift „Fette Gotisch“ wird nun täglich eine „Times“-Schrift über den zweispaltigen Kommentaren auf der rechten Seite stehen. Zudem erscheint von heute an auf Seite 1 jeder Ausgabe ein farbiges Foto. Seit 1. November 1949, dem Erscheinungstag der ersten Ausgabe jener Zeitung, war ihre Titelseite insgesamt nur 33-mal mit einem Foto erschienen, zuletzt am Tag nach der Wahl von Kardinal Joseph Ratzinger zum Papst. Die Überschriften der Leitkommentare, die über all die Jahre stets in Frakturschrift verfasst waren, lauteten bei ihrem letztmaligen Erscheinen am Donnerstag „Abgestürzt“ und „Neue Mehrheit – alte Probleme“.

Die „F.A.Z.“ reagiert mit der Reform ihres Erscheinungsbilds auf den Absturz ihrer verkauften Auflage. Sie sank im letzten Jahrzehnt um mehr als 40.000, während die Auflage der „Süddeutschen Zeitung“, die sich viele Jahre auf Augenhöhe befand, um etwa 20.000 Exemplare stieg.

In einem Artikel auf der ersten Seite gab die Redaktion der „F.A.Z.“ am Donnerstag bekannt, dass sie mit der Veränderung ihres traditionsreichen Gewands dem Mehrheitsvotum ihrer Leser folge. In repräsentativen Befragungen hätten mehr als drei Viertel der Leser erklärt, das neue Erscheinungsbild gefalle ihnen besser als das bisherige. Die Neugestaltung werde von allen Alters- und Lesergruppen begrüßt, besonders aber von Frauen und jungen Lesern.

Einige Leser des Zwischennetzauftritts der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (faz.net) äußerten sich zum Teil besorgt über die Entwicklung. Kritiker sagten, eine „Bilderflut“ sei zu befürchten. Die „F.A.Z.“-Redaktion nannte diese Sorge gestern unbegründet. Es werde sich nichts ändern „an dem hohen journalistischen Qualitätsanspruch dieser Zeitung“, schrieb jene Zeitung.

„F.A.Z.“-Mitherausgeber Werner D’Inka sagte dem „Spiegel“: „Das alte Layout wirkte wie schwere Arbeit.“ Der „Spiegel“ bewertete die Reform kritisch. Keine inhaltlich neue Idee sei mit ihr verbunden. Die Zeitung verharre in ihrem „marottenhaften Konservatismus“. Nur Mitherausgeber Frank Schirrmacher, ein Freund von „Spiegel“-Chefredakteur Stefan Aust, sorge ab und an „für Zungenschnalzen“.

Die tageszeitung (taz) kommentiert das Ereignis, indem sie ihr Erscheinungsbild aus Respekt dem seit heute veralteten „F.A.Z.“-Wams annähert. Am Samstag kehrt diese Zeitung jedoch zu ihrer Tradition zurück, auch auf der Medienseite ein Foto abzudrucken.