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Archiv-Artikel

Besuch der starken Dame

BEGEGNUNGEN Mit „Charlotte Rampling - The Look“ hat Angelina Maccarone ein originelles Porträt der Schauspielerin gemacht. Statt Interviews zeigt sie Zwiegespräche mit Freunden und Kollegen

VON WILFRIED HIPPEN

In Lars von Triers „Melancholia“ kann man sie gerade als eine verbitterte Furie erleben und ihre wenigen Szenen als Schreckensgestalt gehören zu den Momenten, die man nicht so schnell vergisst. Charlotte Rampling gehört mit zu der Handvoll von Schauspielerinnen über 50, für die es nicht nur noch Rollen im Kino gibt, sondern für die diese extra geschrieben werden. Für Francois Ozon scheint Charlotte Rampling eine Art von Muse zu sein, denn er hat mit ihr in den Hauptrollen zwei seiner besten Filme (“Swimming Pool“ und „Unter dem Sand“) gedreht.

Sie ist eine von jenen Darstellerinnen, deren Präsenz auch immer ein reiches, gelebtes Leben jenseits der gerade gespielten Rolle widerspiegelt. „Ich habe 50 Jahre an diesem Gesicht gearbeitet“ sagt sie dem Fotografen Peter Lindbergh, wenn dieser Porträt-Aufnahmen von ihr macht und sich darüber wundert, wie einfach und gut diese Arbeit mit ihr ist. Vorher hatte aber sie zur Kamera gegriffen und Fotos von ihm gemacht und er fühlte sich sichtlich unwohl dabei: „Damit du einmal merkst, was du mit den Menschen machst“. Es gibt viele von diesen Situationen in Angelina Maccarones Film, die natürlich für ihre Kamera arrangiert sind, aber dennoch spontan und natürlich wirken.

Von diesem ersten Kapitel mit dem Titel „Exposure“ an wird klar, wie raffiniert Maccarone ihren Film konzipiert hat. 9 Kapitel mit 9 (oder genauer „8 1/2“) Begegnungen, bei denen Rampling mit Freunden und altbekannten Kollegen Gespräche über gesetzte Themen wie „Alter“ (mit Schriftsteller Paul Auster), „Dämonen“ (mit dem Lyriker Frederick Seidel) oder „Tod“ (mit dem Maler Anthony Palliser) führt. Dazu passend wurden Ausschnitte aus neun ihrer wichtigsten Filme montiert. Über die „Schönheit“ führt die Schauspielerin ein Zwiegespräche mit sich selbst, das sich dann als erstaunlich nüchtern und überhaupt nicht narzisstisch entpuppt. In einem großen Bett plaudert sie mit zwei Pariser Künstlerinnen über die „Liebe“ und mit ihrem ältesten Sohn Barnaby Southcombe, hat sie einen kleinen Showkampf in einem Boxring

Beeindruckend ist, wie souverän sich Charlotte Rampling in all diesen Situationen gibt. Dass sie als Schauspielerin furchtlos ist wird klar, wenn sie von den Reaktionen der Öffentlichkeit auf ihre Rollen in den Skandalfilmen „Der Nachtportier“ und „Max Mon Amour“ spricht, in dem sie die Geliebte eines Schimpansen spielte. Darüber, dass sie beschimpft und über sie gelacht wurde, kann sie heute mit Humor und ohne Bitterkeit sprechen. Natürlich spielt Charlotte Rampling auch hier immer eine Rolle. Als sie extra für den Film das deutsche Chanson „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ noch einmal aufnimmt, dass sie als KZ Häftling vor den Nazis in „Der Nachtportier“ gesungen hat, fragt sie danach, ob ihr Deutsch auch gut genug für „the german speaking audience“ gewesen sei. Aber sein und darstellen sind in solch einem Leben wie ihrem kaum noch zu unterscheiden, und vielleicht ist dies der Grunde für die immer spürbare unterschwellige Melancholie von Charlotte Rampling, die Angelina Maccarone natürlich auch in betörend schönen Bildern von ihr einfängt.