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Archiv-Artikel

Vor Ort immer ein Kassenschlager

Heute startet in Bremen das Queer Film Festival, kommende Woche folgen in Hamburg die Lesbisch-Schwulen Filmtage. Bei beiden Festivals wird es um unabhängig produzierte Filme gehen, vom amerikanischen Underground-Streifen bis zum Befreiungsschlag aus Taiwan

Noch in den 80er Jahren mussten schwule und lesbische KinogängerInnen in Filmen meist nach Andeutungen, versteckten Hinweisen und Subtexten suchen, um auf ihre Kosten zu kommen. Als Reaktion darauf wurden lesbisch/schwule Filmfestivals gegründet, die in vielen Städten schnell zu den meistbesuchtesten Veranstaltungen der Kommunal- und Programmkinos wurden. In Hamburg werden vom 16. bis zum 21. Oktober die 18. Lesbisch Schwulen Filmtage veranstaltet und in Bremen beginnt heute Abend das 14. Queer Film Festival. Gezeigt werden auf den Festivals vor allem die kleinen, möglichst unabhängig produzierten Filme, die im Gegensatz stehen zu dümmlichen Hollywood-Klamotten wie „Chuck und Larry: Wie Feuer und Flamme“.

In Bremen findet das Festival im Kino 46 statt und beginnt traditionell mit einem Kurzfilmprogramm. Bis Sonntag werden insgesamt dreizehn Spiel- und Dokumentarfilme gezeigt, von denen die meisten dann eine Woche später auch in Hamburg zu sehen sein werden. Dort laufen rund 50 verschiedene Programme im Metropolis, dem Passage und dem Studio-Kino. Die Schauspielerin und Sängerin Maren Kroymann wird die feierliche Eröffnung im Streit’s moderieren.

Als erster Film wird dann „Vivere“ von Angelina Maccarone gezeigt, der in Bremen schon am kommenden Donnerstag um 20.30 Uhr auf dem Programm steht. Das Psychodrama erzählt von der langen nächtlichen Autofahrt dreier Frauen. Eine davon wird von Hannelore Elsner gespielt.

Der Film „Infamous“ hatte seinerzeit keine Chance an den Kinokassen, weil in seinem Zentrum die Entstehungsgeschichte von Truman Capotes Tatsachenroman „Kaltblütig“ steht, und diese Geschichte bereits ein Jahr zuvor in dem Film „Capote“ abgehandelt wurde. Da halfen auch die durchweg positiven Kritiken und die Starbesetzung mit Sandra Bullock, Daniel Craig und Toby Jones in der Rolle des exzentrischen Schriftstellers wenig. Dafür kann sich das Publikum in Bremen und Hamburg nun glücklich schätzten, zu den Happy Few zu gehören, die diesen grandiosen Flop zu sehen bekommen.

Den Rainer-Werner-Fassbinder-Preis des letzten Jahres vergab die Jury an den Film „Sons“ des norwegischen Regisseurs Erik Richter Strand, weil darin auf eine „ehrliche, starke und emotionale“ Weise davon erzählt wird, wie eine Gemeinschaft mit einem Päderasten in ihrer Mitte umgeht. Der vielschichtige Film vermeidet einfache Lösungen und Schuldzuweisungen und wagt sich an das Tabu des Opfers, das zum Täter wird.

In der amerikanischen Undergroundkomödie „Itty Bitty Titty Committee“ von Jamie Babbit ist die CIA eine radikalfeministische Frauenbande, die sich „Clits in Action“ nennt und mit Aktionen wie dem Besprühen der Fenster einer Klinik für Schönheitsoperationen die Welt verändern will. Im Kielwasser des taiwanesischen Regisseurs Ang Lee und seines Erfolgs „Brokeback Mountain“ erlebt der schwul/lesbische Film in dem Inselstaat gerade eine Art von cineastischem Coming-Out. In Hamburg werden drei aktuelle Spielfilme dieser Bewegung zu sehen sein: „Go! Go! G-Boys“ ist ein Trash-Musical und „Eternal Summer“ eine schwule coming-of age-Geschichte.

„Spider Lilies“ von der Regisseurin Zero Chou wurde in diesem Jahr auf der Berlinale mit dem Teddy prämiert. In diesem Melodram wird von der Liebe zwischen einem Webcam-Girl und einer schüchternen Tätowiererin erzählt. Tätowierungen von Spinnenlilien, die in Asien Symbole für die lesbische Liebe sind, spielen darin eine große Rolle, und auch sonst wird die poetische Bildfindung der Filmemacherin gelobt, die viel von Wong Kar-wai gelernt hat.

Wilfried Hippen