: Der Prophet muss draußen bleiben
Entgegen der Praxis freier Christen wollen Protestanten und Katholiken unbenutzte Kirchengebäude lieber abreißen, als sie Muslimen zu überlassen. Eine kultische Nutzung als Moschee könnte „religiöse Gefühle“ der Gläubigen verletzen
Evangelische und katholische Kirche wollen dem Kurs der Neuapostolischen Kirche nicht folgen und weiterhin kein Gotteshaus an Muslime verkaufen. Sprecher der Evangelischen Landeskirche und des Erzbistums Berlin schlossen gestern die Nutzung von Kirchengebäuden durch Muslime aus. Die evangelische Pröpstin Friederike von Kirchbach verwies auf eine „Richtschnur“ aus dem Jahr 2006, wonach Kirchengebäude eher abgerissen oder stillgelegt werden sollten. Auch das katholische Erzbistum ließ verlauten, eine kultische Nutzung durch nichtchristliche Religionsgemeinschaften sei nicht möglich.
Die Neuapostolische Kirche, eine Freikirche mit rund 26.000 Mitgliedern in Berlin und Brandenburg, hatte kürzlich 2 ihrer 33 Berliner Gotteshäuser an muslimische Vereine verkauft. Die Gebäude in der Neuköllner Flughafenstraße und der Tempelhofer Manteuffelstraße werden in Moscheen umgewandelt, eines davon wird schiitisch.
Grund der Verkäufe ist eine Strukturreform bei der Neuapostolischen Kirche. Nach Angaben ihres Finanzchefs Werner Kiefer sinkt ihre Mitgliederzahl in Berlin, während sie in Brandenburg zunimmt. Deshalb sollen in Berlin noch fünf oder sechs Kirchen verkauft, im Umland aber neue gebaut werden. Die christlichen Kirchen haben von jeher Kirchengebäude umgewidmet, verkauft oder abgerissen.
Seit sich der Mitgliederschwund verschärft hat, ist der Umgang mit leer stehenden Gotteshäusern, die Kosten verursachen, Thema vieler Kirchenkonferenzen und Synoden. Mancherorts sind Kirchengebäude inzwischen Stadtteilzentren, Konzert- und Kunsträume oder Tagungsorte geworden.
Von Kirchbach betonte, dass die evangelische Landeskirche auf eine angemessene kulturelle Nutzung ihrer früheren Gotteshäuser achte. Der Sprecher des Erzbistums, Stefan Förner, verwies auf ein Papier der Deutschen Bischofskonferenz von 2003. Darin heißt es: „Die kultische Nutzung durch nichtchristliche Religionsgemeinschaften ist – wegen der Symbolwirkung einer solchen Maßnahme – nicht möglich. Dies geschieht mit Rücksicht auf die religiösen Gefühle der katholischen Gläubigen.“ Es gebe auch keine Anfragen von Muslimen, so Förner.
Das Erzbistum hatte zuletzt die St.-Clemens-Kirche in der Kreuzberger Stresemannstraße an einen Privatinvestor verkauft. Der Erlös fließt in die Sanierung der St.-Hedwigs-Kathedrale. Entwidmet ist die Kirche allerdings noch nicht. DPA