: Sarrazin wird Fall für den Staatsanwalt
In der „Steuer-Affäre“ hat der Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses Strafanzeige gegen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) gestellt. Heute befasst sich der Ältestenrat mit dem Fall. Die SPD-Fraktion bittet Sarrazin zum Rapport
Mitglieder des Abgeordnetenhauses sowie der Petitionsausschuss haben gestern Strafanzeigen beim Generalstaatsanwalt gegen Finanzsenator Thilo Sarrazin und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (beide SPD) gestellt. Die Vorwürfe lauteten auf Verletzung des Steuergeheimnisses, Verleitung Untergebener zu Straftaten sowie versuchte Nötigung von Mitgliedern eines Verfassungsorgans, sagte der FDP-Abgeordnete Rainer-Michael Lehmann. Sarrazin hatte mit Genehmigung des Bundesfinanzministeriums Informationen aus vertraulichen Steuerakten von drei Abgeordneten veröffentlicht. Dazu gehörten auch Ralf Hillenberg (SPD), Vorsitzender des Petitionsausschusses, und Ulrich Brinsa (CDU).
Die Steuer-Affäre ist heute Thema im Ältestenrat. Zudem soll Sarrazin laut SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller der SPD-Fraktion einen Bericht über den Ablauf des Falls geben. „Wir haben ein Interesse daran, den Konflikt zu entschärfen. Beide Seiten müssen sich bewegen.“
Hillenberg, Lehmann und Brinsa hatten den Verdacht geäußert, Finanzämter wollten sie 2003 und 2004 mit überraschenden Steuerprüfungen einschüchtern. Etwa zu der Zeit gingen die Parlamentarier als Mitglieder des Petitionsausschusses Mobbingvorwürfen gegen den Leiter eines Finanzamtes nach.
Finanzsenator Sarrazin wollte sich zu den Anzeigen nicht äußern. Seine Sprecherin betonte, die Finanzverwaltung sei nach wie vor der Meinung, dass die öffentliche Widerlegung der Vorwürfe notwendig gewesen sei. Diese seien „so schwerwiegend“ gewesen, dass man habe reagieren müssen. „Zudem haben wir keine Steuerdaten veröffentlicht, sondern nur Sachverhalte und zeitliche Zusammenhänge.“
Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) hatte schon Mitte September durch ein Schreiben an die Senatskanzlei versucht, die Debatte zu versachlichen. Der Ältestenrat hatte am 24. August beschlossen, die Vorwürfe der drei Abgeordneten gegen die Finanzämter genauer zu untersuchen. Momper sollte die drei Politiker bitten, die Steuerbehörde von ihrer Geheimhaltungspflicht zu entbinden. Die Finanzämter könnten dann mitteilen, wer Sonderprüfungen wann und mit welchem Grund angeordnet habe. Dem stimmten die Betroffenen auch zu.
Dieser Abstimmung kam Sarrazin zuvor. Mompers Brief an die Senatskanzlei blieb durch einen Krankheitsfall länger als üblich liegen. Eine „bedauerliche Verzögerung aus nachvollziehbaren Gründen“, sagte Senatssprecher Günter Kolodziej gestern. In der Sache sei die Verzögerung aber von „nachrangiger Bedeutung“, da sie an der bereits gefällten Entscheidung Sarrazins zur Veröffentlichung der Fakten nichts geändert hätte. DPA