: Finster gegen Frauen
EIN SCHEICH PREDIGT
Für Scheich Abdel Moez al-Eila hat sich’s ausgepredigt. Die Neuköllner Al-Nur-Moschee will ihn nicht mehr zu ihrer Gemeinde sprechen lassen, und das könnte den Ägypter wirklich schmerzen, denn niemanden hört er so gerne reden wie sich selbst. Das zumindest suggeriert das vor einer Woche bekannt gewordene Video einer Ende Januar in Neukölln gehaltenen Ansprache: so viel Pose, so viel Gefuchtel!
Viel problematischer ist aber, was der Mann fordert: dass Frauen nicht unbegleitet das Haus verlassen, aber ihren Gatten sexuell stets dienbar sein sollen. Der Aufruhr war groß, Strafanzeigen wurden gestellt, und am Mittwoch teilte der Gemeindevorstand mit, das sei’s nun gewesen für den reisenden Prediger.
Armer Scheich! Was hat man ihm nicht vorgeworfen: Von einer „finsteren Ideologie“, die geächtet gehöre, sprach eine Vertreterin des Türkischen Bunds Berlin Brandenburg (TBB), und Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) hielt sogar die Menschen der „späten Steinzeit“ für fortschrittlicher. Ach, wirklich?
Nein, so einfach ist es leider nicht. Dass die katholische Kirche Frauen gleiche Rechte einräumte (außer in der eigenen Firma, versteht sich), ist gar nicht so lange her. Und überhaupt – seit wann gilt es in Deutschland eigentlich als Vergewaltigung, wenn ein Mann seine Ehefrau als sexuelle Verfügungsmasse betrachtet? Genau: seit 1997.
Sind Scheich und Moschee damit rehabilitiert? Mitnichten! Denn auch wenn unser Konsens über die Rechte von Frauen eine viel kürzere Geschichte hat, als manchem erinnerlich sein mag – es ist eben der geltende, politisch erkämpfte und juristisch fixierte Konsens. Wer dazu aufruft, ihn zu ignorieren, macht sich vielleicht strafbar, das muss die Justiz beurteilen. Zumindest aber stellt er klar, dass er auf Menschenrechte pfeift.
Gut ist, dass solche Aktivitäten auffallen und sanktioniert werden. Weniger gut ist, dass der Scheich und seine Sympathisanten der festen Überzeugung sind, Rückhalt von ganz oben zu genießen. Das stehe doch alles in ihren heiligen Büchern. Aber hier gilt es, immer wieder klar zu sein: Was zählt, sind die Regeln, die wir uns geben, nicht ein vermeintliches höheres Wesen. Der Staat ist säkular. Gott sei Dank, möchte man fast sagen. CLAUDIUS PRÖSSER