RENOVIERUNG
: Hinter der Fliese

Blitzschnell schnappt sich das Klabauterhuhn den Fund

Wir als Stadtteilnetzwerk renovieren unser Kulturzentrum. Kennengelernt haben wir uns übers Internet. Fast alles ist jetzt fertig, nur Toiletten sind Mangelware. Darum soll nun oben ein abgeschlossener Raum geöffnet werden, der angeblich Platz dafür bietet.

Ich hab mich an Konzertabenden im Kulturzentrum auch schon gefragt, was wohl hinter dieser geheimnisvollen Tür ist. Als sie offen steht, gucken wir ziemlich blöd. Ein Bad. Mit Wanne. Vor sehr langer Zeit waren hier mal stinknormale Wohnungen drin. Die Badewanne muss raus, ist die Parole.

Aber erst mal wird sie unter die Lupe genommen. Warum ist sie hüfthoch eingebaut? Wie sind die Leute da reingekommen? Mit einer Leiter?

„Hier haben früher Hippies gewohnt, die immer Besucher hatten. Und die wollten ständig ihre Schlafsäcke auswaschen. Weil das so auf den Rücken ging, hat man die Wanne höhergelegt.“ Die Stimme kam von hinten, ich drehe mich um. Ein mindestens Sechzigjähriger hat uns in vollkommenem Ernst diese Story aufgetischt. Er strahlt so eine Glaubwürdigkeit aus, dass keiner mehr nachhakt. Ich sehe die Hippies sogar vor meinem geistigen Auge.

Der Mann, der im Internetforum den Nicknamen Klabauterhuhn trägt, sitzt in seltsamer Haltung neben der Wanne und scheint sich zu verstecken. Als der Sechzigjährige gegangen ist, fangen wir an, die Fliesen zu zerklopfen. Und da fällt aus einer Öffnung unter der Wanne eine Plastiktüte heraus.

Blitzschnell schnappt sich das Klabauterhuhn den Fund und rennt weg. Sofort danach löscht es sich aus unserem Netzwerk.

Wir aber grübeln nun, was in der Tüte steckte und wer der Mann war, der sich Klabauterhuhn nannte. Eins weiß ich genau: Die Idee, das Kulturzentrum zu renovieren, war von ihm gekommen.

ANNETTE SCHWARZ