Der Diwan des prächtigen Süleyman

Das Museum für Kunst und Gewerbe hat seine Islam-Abteilung neu geordnet. Die ist jetzt türkis gestrichen und enthält 30 Prozent weniger Exponate als früher. Ein roter Faden findet sich allerdings trotz der teils sehr exklusiven Stücke nicht

Vielleicht ist Bevormundung die einzige Lösung: Die so starke Reduktion der Exponate, dass der Besucher gezwungen ist, sich jedem Detail zu widmen: Um ein Drittel hat das Museum für Kunst und Gewerbe in seiner neuen Präsentation der Islam-Abteilung die Exponate reduziert.

Ein bisschen verwundert das, wenn man bedenkt, dass das Museum die zweitgrößte Sammlung islamischer Kunst in Deutschland besitzt. Auch wirken die auf fünf Räume verteilten Stücke, die zwischen dem 7. und 18. Jahrhundert entstanden, recht zusammenhanglos. Dafür hat man dem Holzboden die schweren Teppiche genommen und die Wände türkis gestrichen.

Zur Präsentation der ohnehin starken Exponate wäre das allerdings nicht nötig gewesen. Zudem will die so reduzierte Schau Verbindungen zu Vorgänger- und Nachbarkultur aufzeigen – auf die Gefahr hin, zu viel auf einmal zeigen zu wollen und sich dabei zu verheben: Neben Gold- und Silbertellern der persischen Sassaniden wurden zum Beispiel Imitate der späteren islamischen Besatzer gestellt: Zwar durften sie, des Pomps wegen, kein Gold und Silber haben. Nachahmen mochten sie es aber doch – weswegen hier Teller in Lüstertechnik prangen, die wenigstens gülden schimmern. Sie sind mit mongolisch aussehenden Köpfen bemalt; merke: Der Einfluss Chinas war am Werk. Dies beides zugleich zu zeigen ist löblich didaktisch gedacht, wirft aber die Frage auf, ob gewisse Segmente der islamischen Kunst als wenig eigenständig gebrandmarkt werden sollen. Denn was gilt angesichts der vielen Einflüsse noch als originär islamisches Motiv? „In der sakralen Kunst sehr deutlich die Schrift“, sagt Kuratorin Nora von Achenbach. „Das Arabische galt als Sprache des Göttlichen schlechthin.“ Das viel zitierte Bilderverbot beruhe dagegen auf einem Missverständnis, habe Mohammed seinerzeit doch nur Götzenbilder gemeint.

Trotzdem beschränkt sich sakrale islamische Kunst bis heute auf Schrift und Ornament. Exklusives Beispiel im Museum für Kunst und Gewerbe ist der Gedichtband des osmanischen Sultans Süleyman des Prächtigen von 1554. Hamburg besitzt eine von weltweit drei Ausgaben. Gleich daneben ein weiterer Kulturmix: der in chinesischer Lackmaltechnik gemalte Einband eines weltlichen Buchs mit Pflanzen, Drachen und Löwen.

Rein ornamental dagegen die zweite Rarität der Schau: die Reliefkeramik eines zentralasiatischen Mausoleums des 14. Jahrhunderts. Mit einem Messer schnitt man Ranken und geometrische Motive in den Ton – ein aufwendiges Verfahren, das man nur kurz anwandte. „Solche Kacheln gibt es nur in wenigen Museen“, sagt Nora von Achenbach.

Der Rest ist schnell erzählt: Teppiche, eine bunte Kachelwand, eine Standarte mit verfremdeten Koran-Suren, in Eisen gegossen, sind da zu finden. Sämtlich Dinge, die der Westeuropäer zum Thema „Islam-Kunst“ zu sehen wünscht. Fast ausschließlich Exklusiv-Exponate außerdem. Beispiele aller Gattungen, kultureller Verbindungen. Doch ein kuratorisches Konzept fehlt. Vielleicht liegt dies an der geringen Zahl der Exponate. Vielleicht an der insgesamt lückenhaften Sammlung. Zum Besuch der üppigen Islam-Abteilung des Berliner Pergamon-Museums ermuntert diese Ausstellung aber ganz gewiss. PS

Die Abteilung ist ab Sonntag öffentlich zugänglich.