: Fühlen, worüber man singt
SOUL Zehn Jahre lebte sie hier, nun heißt Nnekas Lebensmittelpunkt Lagos. Und auch in den USA hat man die 30-Jährige eher entdeckt als in ihrer zweiten Heimat Hamburg
VON KNUT HENKEL
Fast zehn Jahre lebte sie in der Hansestadt, heute heißt Nnekas Lebensmittelpunkt Lagos. Fast alle Stücke von „Soul is heavy“, dem dritten Album der Deutsch-Nigerianerin, sind dort entstanden. Denn Lagos ist die Stadt, die für die nötige Bodenhaftung im Leben der Sängerin sorgt. Nneka muss sehen, erleben, fühlen, worüber sie singt und das geht eben nur in der pulsierenden Metropole Nigerias, wo Stromausfälle zum Alltag gehören.
In der 10-Millionen-Stadt entstehen ihre kritischen Texte, die Bezug nehmen zum Leben in Nigerias Hauptstadt, aber auch Bezug zur jüngeren Geschichte, wie das Video zum Titelstück „Soul is heavy“ zeigt. Da fordert die Sängerin im Abspann des Videos, Ken Saro Wiwi nicht zu vergessen. Der Bürgerrechtler ist unbeirrt für die Grundrechte der Bevölkerung und gegen die Diktatur der Generäle eingetreten und wurde nach einem Schauprozess hingerichtet.
Position beziehen, Haltung einnehmen, dass ist der 30-Jährigen ein ernstes Anliegen und man nimmt ihr den Schmerz ab, den sie in „My Home“ legt, wenn sie über die Ausbeutung bei der Suche nach Diamanten und über die sozialen Verhältnisse in Afrika singt. Doch Bangemachen gilt nicht und das Sweatshirt „Afrika is the Future“, mit dem sie auf ihrer Homepage zu sehen ist, steht dafür.
Als Sängerin steht Nneka hingegen für Qualität und das hat man in den USA eher begriffen als in ihrer zweiten Heimat Hamburg. Dort kam ihr Hit „Heartbeat“ deutlich besser an und bei US-Talker Letterman legte sie einen denkwürdigen Auftritt hin. In den USA war das der Durchbruch, auch in Nigeria ist sie längst eine große Nummer – und im Rest der Welt könnte sie es mit „Soul is heavy“ werden.
Ein großer Wurf, der nach wie vor von Afrobeat, Hip-Hop, R’n’B, Blues und dem Soul der Siebziger geprägt ist. Doch neben mehr Streichern und Bläsern sind auch mehr illustre Gäste im Studio wie Black Thought von den Roots oder die Soul-Queen Ms. Dynamite. Mit denen unternimmt die kleine Powerfrau emotionale Achterbahnfahrten. „Do you love me is“ ist dafür genauso ein Beispiel wie „My Home“ oder das dubbige „Lucifer“. Abrupte Wechsel gehören zum Repertoire Nnekas, die sich locker mit ihrer Stimme gegen Gitarren, Bässe oder Bläsersätze behauptet. Auf der Bühne ist sie ohnehin erst so richtig in ihrem Element. Dort bekommt man dann einen Eindruck davon, welche Energie in den 1,60 Meter pure Stimme steckt.
■ Di, 1. 11., 20 Uhr, Große Freiheit 36, ebenda