: Alles öko oder was?
ERNEUERBARE ENERGIEN Nachhaltige Investments boomen seit Fukushima noch stärker als zuvor. Auch fragwürdige Angebote sind darunter. Deshalb lohnt der Blick ins Kleingedruckte
■ Das „Studienradar Erneuerbare Energien“ sammelt Studien zu systemanalytischen, ökonomischen, politischen, ökologischen und gesellschaftlichen Aspekten der erneuerbaren Energien. Eine Fachredaktion bereitet ausgewählte Berichte, Gutachten und Analysen auf und fasst sie inhaltlich zusammen. Zentrale Aussagen und Ergebnisse werden in Grafiken dargestellt. Die Agentur für Erneuerbare Energien arbeitet dabei eng mit dem ForschungsVerbund Erneuerbare Energien zusammen.
VON LARS KLAASSEN
Erneuerbare Energien gelten schon seit Jahren als Zukunftsressource. Seit dem 2011 völlig unerwartet beschlossenen Atomausstieg werden noch größere Hoffnungen an sie geknüpft. Das bekommen nicht zuletzt Anleger zu spüren: Die Angebote, sein Geld mit Sonne und Wind zu vermehren, sind kaum überschaubar. „Investment in erneuerbare Energien ist kein Nischengeschäft. Die Branche schafft alleine in Deutschland rund 350.000 Arbeitsplätze“, sagt Jörg Weber, Chefredakteur bei ECOreporter.de. Eine entscheidende Frage lautet: Wo ist mein Investment sicher?
„In Deutschland oder der Schweiz genießen Anleger Rechtssicherheit und gehen auch kein Währungsrisiko ein“, so Weber. „Wenn ich beispielsweise in Solarparks in Italien oder Spanien investiere, profitiere ich von der südlichen Sonne. Aber was passiert, wenn die Eurokrise dort für Turbulenzen sorgt?“ Das heißt: Angesichts der Eurokrise muss man im Auge behalten, dass ein Solarfonds, der in Italien oder Spanien investiert, auch meist 20 Jahre läuft. In dieser Zeit kann mit dem Euro als Währung viel geschehen. Doch die Erneuerbaren bieten auch Chancen: „Wer jetzt in Solar- oder Windanlagen investiert, die Strom in etwa zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren, hat gute Perspektiven“, sagt Weber. „Denn der Strompreis wird steigen, und es gibt jetzt schon erste Fonds, die den grünen Strom über dem Satz verkaufen, der gesetzlich als Mindestvergütung garantiert ist.“
Dass ökologisch motivierte Anlagen sich rechnen, hat sich mittlerweile herumgesprochen. „Die Investments in erneuerbare Energien boomen derzeit: Die Nachhaltigkeitsbanken haben in den vergangenen Jahren ein Kundenwachstum von rund 30 Prozent pro Jahr verzeichnet“, berichtet Birte Pampel von der Initiative für nachhaltige Investments, Geld mit Sinn. „Während vor einigen Jahren nur wenige Fonds mit Fokus auf erneuerbare Energien angeboten wurden, sind es heute über 300.“ Aber der Markt ist für Anleger damit auch unübersichtlicher geworden. Viele fragwürdige Anbieter hätten sich als Trittbrettfahrer einen grünen Anstrich gegeben, so Pampel. Wer sein Geld nachhaltig anlegen möchte, sollte sich an Nachhaltigkeitsbanken oder freie Berater mit einer entsprechenden Zusatzqualifikation wenden, denn: „Konventionelle Banken bieten meist nur eine überschaubare Auswahl an nachhaltigen Finanzprodukten an.“
Ausschließlich in erneuerbare Energien zu investieren, ist trotz positiver Aussichten aber generell riskant. „Anleger sollten bedenken, dass Fonds mit Fokus auf erneuerbare Energien nicht selten beträchtliche Volatilitäten aufweisen“, erläutert Mechthild Upgang, Vorstand beim Bundesverband unabhängiger Finanzdienstleisterinnen (BuF). „Sogenannte geschlossene Beteiligungen an Anlagen haben in der Regel drei Schwachpunkte: Die Laufzeit ist sehr lang, die Produkte sind sehr komplex und das finanzielle Risiko kann sehr hoch sein.“ Während in der 1990ern die Windparks boomten, sind es nun die Fotovoltaikanlagen. Das Risiko, bei solchen Beteiligungen Geld zu verlieren, ist nicht gering. Für sicherheitsorientierte Anleger, die lange Laufzeiten scheuen, seien Staatsanleihen bestimmter Länder eine gute Alternative, so Upgang: „In Skandinavien, den Niederlanden, Österreich und Deutschland werden Nachhaltigkeitskriterien ernst genommen und finanziell ist man dort auch auf der sicheren Seite.“
Dass nach Katastrophen wie Fukushima der Run auf nachhaltige und ökologische Investments immer groß ist, hat einen klassischen marktwirtschaftlichen Effekt: Die Preise werden nach oben getrieben. „Anleger sollten sich in solch einer Situation fragen, ab wann sie zu spät dran sind, um günstig einzusteigen“, rät Karin Baur von der Stiftung Warentest. Das von der Stiftung herausgegebene Magazin Finanztest hat im August „Grüne Geldanlagen“ unter die Lupe genommen. Ein Ergebnis lautete: „Die von uns geprüften Wind-, Solar-, Biogas- und Waldfonds rechnen sich vor allem für die Initiatoren und deren Geschäftspartner.“ Obwohl beim Prüfen einzelner Angebote Vorsicht geboten ist, bieten nachhaltige Projekte nach wie vor Perspektiven. „Investments in erneuerbare Energien können langfristig interessant sein – also über 10 oder 20 Jahre –, wenn man davon überzeugt ist, dass tatsächlich eine Energiewende kommt“, so Baur. „Aber nicht überall, wo erneuerbare Energien angepriesen werden, ist ausschließlich Ökologisches drin.“
In diversen Fonds finden sich auch noch Beteiligungen an Atomkraft. Das Argument lautet: Da werde ja CO2-arm Energie produziert. Auch der Begriff „erneuerbare Energien“ kann weit gefasst sein und zum Beispiel einen Leuchtdiodenhersteller mit einschließen. Ein genauer Blick ist angesichts der grünen Welle angesagt: das gilt für die inhaltlichen wie für die finanziellen Kriterien.