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Archiv-Artikel

Geheimbefehl aus Magdeburg

Neues vom Landwehrkanal: Ein überraschend aufgetauchtes Papier zeigt, dass der angebliche Holzfäller vom Berliner Wasser- und Schifffahrtsamt gar keiner war

Bei der großen Mediationsrunde am 29. September im Kreuzberger Umspannwerk gab Thomas Menzel, Chef der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost (WSD), den lieben Onkel aus Magdeburg. In Flauschepulli und Turnschuhen versprach er den wütenden BürgerInnen ein offenes und transparentes Einigungsverfahren um die Sanierung des Landwehrkanals. Die Berliner Unterbehörde Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) unter ihrem Leiter Hartmut Brockelmann habe den Konflikt um den Baumbestand am Ufer des Kanals leider „zugespitzt“.

Doch ein nun aufgetauchtes Papier aus der WSD lässt vermuten, dass die Bäume und Brockelmann Opfer einer rücksichtslosen Hauruck-Aktion Menzels waren.

Zur Erinnerung: Am 5. Juli sitzen Brockelmann, Vertreter von Bezirk und Bürgerinitiative beisammen, um über die Sanierung des maroden Kanalufers zu sprechen. Als es um die Gutachten zum Erhalt einzelner Bäume geht, bemerkt Brockelmann lapidar, die Diskussion sei müßig, die zur Sicherung des Schiffsverkehrs notwendige Fällung von 22 Bäumen in vollem Gange. Ein Eklat. Bezirks- und Bürgervertreter verlassen den Saal und sprechen von Verrat. Amtsleiter Brockelmann wird „Vorgehen nach Gutsherrenart“ vorgeworfen. Nun scheint, dass er nur Knecht war. Herr des Verfahrens war und ist WSD-Chef Menzel.

Von der WSD gab es „klare Instruktionen, auf diese Weise zu handeln“, bestätigt Evelyn Bodenmeier, Sprecherin des WSA, ein der taz vorliegendes Papier der WSD vom 4. Juli 2007. Es enthält die Anordnung, „dass umgehend mit den Fällungen zu beginnen ist. Genehmigungen der Berliner Behörden sind nicht erforderlich.“ Gezeichnet: Menzel.

Burkhard Knuth von der WSD in Magdeburg spricht von einer reinen „Rückendeckung der Tätigkeit des Amts“. Die, sagt Arno Paulus von der Bürgerinitiative, wäre jedoch gar nicht nötig. Das Amt könne mit der Begründung von „Gefahr im Verzug“ jederzeit zur Hacke greifen – und habe dies zuvor auch schon getan. „Brockelmann ist nur der Buhmann“, vermutet Dirk Behrendt, grüner Bezirksabgeordneter von Friedrichshain-Kreuzberg. Alexander Scharz von der Bürgerinitiative verteidigt Brockelmann sogar: „Er wollte von Anfang an und bis zum Schluss mit uns verhandeln.“ Gegen dessen Absichten, vermutet er, habe Menzel die radikale und von massivem Polizeischutz begleitete Fällaktion befohlen.

Arno Paulus sieht in dem neuen, aufwändigen Einigungsverfahren eine schlecht kaschierte Fortsetzung Menzelscher Befehle. Noch vor den eigentlich ergebnisoffenen Verhandlungen stellte dieser konkrete Sanierungsentwürfe vor, was Paulus „unglücklich“ nennt. Menzel gibt sich gelassen. „Auf das Verfahren bin ich gespannt wie ein Flitzebogen.“ Sven Behrisch