ERSATZTEILLAGER : Der Autoklau
Das Auto ist weg. Richtig weg. Nach einem Erkundungsgang und einem Anruf ist klar: Der Wagen wurde geklaut. Dieses Gefühl der Ohnmacht kenne ich ganz gut, denn mir wurden allein drei Fahrräder in Berlin gestohlen. Man steht verdutzt und verdattert am Tatort – und kann es nicht glauben. Aber das Auto, das ist etwas anderes, ein Klau auf höherem Niveau, der einen kurz aus der Bahn wirft.
Wer stiehlt, verdammt noch mal, eine fast vier Jahre alte Familienkutsche mit 40.000 Kilometern auf dem Tacho? Wer vergreift sich ein einem Auto, in dem zwei Kindersitze sind, etliche Drache-Kokosnuss-CDs und Schokoflecken auf den Polstern? Wirkt das etwa wertsteigernd? Fährt man im Abnehmerland XY jetzt gern mit leicht betagten Kastenwägen durch die Gegend?
Der Polizeibeamte, der meine Anzeige aufnimmt, sagt, dass der Wagen jetzt schon weit im Osten sein könnte. „Früher haben wir gesagt: Kaum gestohlen, schon in Polen. Jetzt muss man eher sagen: Kaum gestohlen, schon durch Polen.“ Mein Fahrzeugtyp ist derzeit wohl sehr beliebt, denn bei mir um die Ecke sei vor ein paar Tagen auch so ein Auto geklaut worden, „vielleicht von der gleichen Bande, wer weiß“, sagt der Beamte. Tja, wer weiß. Ob es auch die Gleichen waren, die vorgestern bei einem VW-Transporter die Scheibe eingeschlagen haben, mitten im Bötzow-Viertel?
Mein Auto werde ich wohl nicht mehr wiedersehen, vielleicht wird es gerade als Ersatzteillager genutzt. „Es sind immer noch meistens Polen, die so was machen – oder Litauer, Letten und so“, sagt der Polizist. Dabei hätte ich Vorsorge treffen können. Im Keller liegt eine Lenkerkralle. Die hatte ich mal gekauft, als ich mit dem Wagen in Polen war. Aber da passierte nichts. Lenkerkrallen sind eh uncool. Und: Wer ein Auto knacken will, knackt auch die Kralle. Der Polizeibeamte bestätigt das. Was für ein Scheißtag! MARKUS VÖLKER