„Das Minsker Abkommen ist nicht tot“

DIPLOMATIE Frankreich will trotz Einnahme von Debelzewe durch prorussische Kämpfer weiter verhandeln. Berlin: Massive Verletzung der Waffenruhe. Telefonkonferenz der Minsker Viererrunde angekündigt

BERLIN/PARIS dpa/afp/taz | Die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Einnahme der ostukrainischen Stadt Debelzewe durch prorussische Kämpfer scharf verurteilt. „Es ist eine massive Verletzung der seit Sonntag geltenden Waffenruhe“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Das militärische Vorgehen verstoße gegen das in der vorigen Woche in der weißrussischen Hauptstadt vereinbarte Maßnahmenpaket. Die Frage, ob das Minsker Abkommen damit gescheitert sei, wollte er weder mit einem klaren Ja noch mit einem Nein beantworten.

Nach Ansicht der französischen Präsidentschaft ist das Minsker Abkommen „nicht tot“. Frankreich werde „alles tun, um dieses Abkommen mit Leben zu erfüllen“, sagte Regierungssprecher Stéphane Le Foll am Mittwoch in Paris. Er kündigte ein Telefonat von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident François Hollande mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko für Mittwochabend an.

Das am 12. Februar unterzeichnete Abkommen sieht einen Waffenstillstand und den Abzug schwerer Waffen aus der Ostukraine vor. Der Waffenstillstand wird aber nicht eingehalten, am Mittwoch gab die ukrainische Armee die Stadt Debalzewe auf.

Russlands Außenminister Sergei Lawrow warnte den Westen erneut vor Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Lage in Debelzewe dürfe nicht zu einem Vorwand werden, den Friedensprozess scheitern zu lassen, sagte Lawrow am Mittwoch in Moskau.

Am Vorabend hatte sich der UNO-Sicherheitsrat hinter das Minsker Abkommen gestellt. Das höchste UN-Gremium verabschiedete dazu eine von Russland eingebrachte Resolution, die alle Konfliktparteien zur vollen Umsetzung der Vereinbarungen auffordert und die Unabhängigkeit der Ukraine betont. Letzteres wurde in den russischen Entwurf eingefügt. Die amerikanische UN-Botschafterin Samantha Powers nannte die russische Initiative für eine Resolution „ironisch“, da Russland einen Angriff auf die Ukraine unterstütze.