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Archiv-Artikel

Wenn Tagesmütter klagen

Die Tagesmütter protestieren gegen die Bedingungen, unter denen sie arbeiten müssen – und gegen die schlechte Behandlung beim Amt für Soziale Dienste. Die Behörde zuckt mit den Schultern

von Klaus Wolschner

Die Stimmung im Sitzungssaal der Sozialsenatorin war gereizt, rund 50 Tagesmütter waren am Donnerstagabend gekommen – um ihren Ärger „persönlich“ abzuladen. Aber die Senatorin kam nicht, sie saß ein Stockwerk darunter, in ihrem Büro. Auch der neue Leiter des Amts für Soziale Dienste stellte sich nicht, er hatte den Referatsleiter Herbert Holakovsky vorgeschickt. Ja, sagte der, „Defizite“ würden offensichtlich bestehen, in verschiedenen Bereichen des Amtes. Nein, das sei nicht „persönlichem Versagen“, sondern „der Struktur geschuldet“. Man arbeite daran. Versprechen wollte er nichts.

Bei einer Betreuung von fünf bis sieben Stunden täglich erhält eine Tagesmutter 14 Euro, bei zehn Stunden 19 Euro und 9 Cent. Das sind weniger als zwei Euro die Stunde, und wenn das betreute Kind mal was essen, trinken will, dann geht das auch davon ab. Oder wenn mit dem Amt telefoniert werden muss.

Und das müssen Tagesmütter offenbar häufiger. Zwei Dutzend Einzelfälle wurden an dem Abend vorgetragen. Tagesmutter J. aus Woltmershausen hat mit dem dort zuständigen Amt nie Probleme gehabt – und dann kam ein Kind aus der Zuständigkeit Findorff. „Nichts funktionierte.“ Die Tagesmütter konnten die Ämter identifizieren: Vahr, Gröpelingen/Walle standen vor allem im Zentrum der Beschwerden. Auf Anfragen gibt es da keine Reaktion, Abrechnungen sind falsch, und über Monate kommt überhaupt kein Geld. Eine Woche lang sei das Amt Walle/Gröpelingen überhaupt nicht erreichbar gewesen, auch telefonisch nicht.

Die seien umgezogen, erläutert Holakovsky, deswegen die Funkstille. Den Tagesmüttern das per Post mitzuteilen sei zu teuer gewesen. Offenbar war es auch nicht möglich, einen Anrufbeantworter zu besprechen. Tagesmutter K. hatte im August Anträge gestellt – und Mitte Oktober von der Sachbearbeiterin gehört, sie habe die bisher nicht angeguckt – wegen des Umzugs. „Kann das sein?“ Wenn man in einer Sache zum dritten Mal anrufen müsse, könne es einem passieren, dass die SachbearbeiterInnen „pampig“ würden. In einigen Stadtteilen klappe es aber prima, sagen die Tagesmütter. Der Sozialamtsleiter, der da hätte aufmerksam werden müssen, ist nicht da.

Die Sozialzentrumsleiterin aus der Vahr meint, offenbar sei es zu „unangemessenem Verhalten“ gekommen. Dass sie eigentlich „für die Kinder da sind“, hätten „nicht alle Sachbearbeiter verinnerlicht“. Es gäbe eben „keinen idealen Sachbearbeiter, es gibt auch da nur Menschen“.

Zum 1. Januar 2008 sollen die Tagesmütter von dem kargen Stundenlohn auch noch Steuern zahlen. Das erfuhren sie aus der Zeitung – vom Amt kam keine Information. „Wir sind nicht zuständig“, sagt Holakovsky, das sei ein Bundesgesetz. Nichts zu tun habe das Amt auch mit der Bezahlung – darüber entscheide die Deputation. Wegen der Haushaltslage sehe es eng aus, aber man sei im Gespräch. Insbesondere an dem Punkt, dass nur elf Monate bezahlt werden, im Zweifelsfall aber zwölf Monate Betreuung erwartet werden.

Es gehe auch um die „Kultur des Umgangs“, sagt eine Tagesmutter. „Warum müssen wir immer wieder betteln um unser Geld?“ Warum werden nicht Tagesmütter bei der Stadt angestellt, mit Sozial- und Rentenversicherung? Das gehe nicht, meint Holakovsky: Die Tagesmütter hätten einen Status wie freie Unternehmerinnen.