: Und Jauch kam auch
Bis Harald Schmidt in Rente gehen kann, bleibt noch jede Menge Arbeit. Denn die Premiere zeigt: „Schmidt & Pocher“ ist zumindest eins – unfertig
VON STEFAN KUZMANY
Nachdem Harald Schmidt vor einem Monat nicht nur seine Mutter mit der Ankündigung überrascht hatte, Erika Steinbach und das „Zentrum gegen Vertreibung“ unterstützen zu wollen, war es leider nicht möglich, den Entertainer nach seinen Beweggründen zu fragen. Wegen der „Vorbereitung auf das neue Sendeformat“ habe man leider keine Zeit für Interviews, teilte die freundliche Managerin mit.
Was sie damit allerdings gemeint haben könnte, bleibt auch nach der Ausstrahlung der ersten Folge von „Schmidt & Pocher“ rätselhaft. Harald Schmidt wirkte unvorbereitet wie, nun ja, immer. Manchmal ist diese offensichtliche Weigerung, sich vor einer Sendung mit deren Konzept und Inhalt auseinanderzusetzen, ein Segen. Schmidt verlässt sich auf spontane Einfälle, vorher abgesprochene Gags wirft er über Bord oder sabotiert sie absichtlich. Für diese Technik braucht es ein leidensfähiges Gegenüber, das er vorführen, dem er ins Wort fallen, dessen Pointen er zerstören kann. Früher, in „Schmidteinander“ (WDR), war dies Herbert Feuerstein, ein Mann, der womöglich noch witziger und intelligenter ist als Schmidt selbst. Später, in der „Harald Schmidt Show“ auf Sat.1, übernahm Redaktionsleiter Manuel Andrack die Rolle des Stichwortgebers. Das ging lange gut, auch noch bei Schmidts Wiederauflage in der ARD, weil Andrack nie den Anspruch hatte, gleichwertig zum Chef wahrgenommen zu werden. Doch der Chef wurde müde, die Show schwächer, ein Neuer musste her: Oliver Pocher.
Der Junge sollte den Alten retten, später vielleicht sogar ablösen. Pocher, 29, ist bekannt aus ProSieben und noch viel mehr durch seine Werbespots für einen Elektrodiscounter. Er kommt aus der Schule von Otto Waalkes, dekonstruiert also keine Formate oder besticht durch intellektuelle oder politischen Anspielungen – er bemüht sich, lustig zu sein. Schlimm ist das nicht. Aber so gut, wie er in letzter Zeit hochgeschrieben wurde, ist Pocher eben auch nicht.
Jetzt also Schmidt und Pocher gemeinsam. Gemeinsam? Das Wort stimmt nur insofern, als beide sich eine Stunde lang im selben Studio aufgehalten und vorher zusammen einige lustige Einspielfilmchen gedreht haben. Doch von einem Zusammenspiel kann keine Rede sein: Schmidt eröffnete die Sendung wie gewohnt per Monolog, einem seiner schwächeren allerdings und dem gefühlt längsten. Dann kam der neue Kollegen mit einer gekonnten Michael-Jackson-Parodie. Diese beiden Auftritte waren bezeichnend für die gesamte Sendung: Da spielten zwei Profis nebeneinander ihre Nummern, miteinander zu tun hatte das wenig. Jeder saß an seiner Ecke des schicken Doppelschreibtischs, und es war ein wenig wie auf einem Kindergeburtstag, auf dem die Klassenclowns aus zwei Parallelklassen eingeladen sind und versuchen, sich gegenseitig und dem Publikum zu beweisen, wer der Witzigere ist.
Der Wettstreit steigerte sich noch, als der unbestritten überlegene Günther Jauch sich als Gast dazugesellte – jetzt kämpften Schmidt und Pocher hart um dessen Gunst, und Jauch kam selbst praktisch nicht zu Wort. Dafür nannte Schmidt Pocher irgendwann „junger Freund“, und das war’s dann auch schon wieder.
Im Abspann konnte man mit flinken Augen übrigens auch Manuel Andracks Namen erkennen, der Gute ist also nicht arbeitslos geworden, sondern hat sich wieder in die Kulisse zurückgezogen. Es wird ihn noch eine Menge Arbeit kosten, aus den beiden Egozentrikern ein Team zu machen – wenn das überhaupt möglich ist.
„Ich gehe davon aus, dass wir spalten. Die einen schreiben vom größten Mist, die anderen von der geilsten Sendung“, hat Oliver Pocher der Bunten erzählt, bevor „Schmidt & Pocher“ startete. Doch die Show ist weder Mist noch geil. Sondern, wohlwollend ausgedrückt: unfertig.