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Archiv-Artikel

Die neue Wächterin des SPD-Schatzes

Barbara Hendricks, 55, ist neue Schatzmeisterin der SPD. Die Niederrheinerin ist bekennende Katholikin. In Berlin wohnt sie in einer SPD-Frauen-WG FOTO: BONESS/IPON

Die Worte trafen wie Faustschläge. Er sei „selbstgerecht, dick, fett und bräsig“ musste sich der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) anhören. Beschimpft hatte ihn Barbara Hendricks, die am Freitag auf dem SPD-Bundesparteitag in Hamburg zur neuen Schatzmeisterin gewählt wurde.

Seit dieser Attacke gilt Hendricks auch in der Öffentlichkeit als temperamentvoll. Schließlich griff sie Wulff in der Talksendung „Hart aber fair“ an. In der eigenen Partei ist das schon länger bekannt. Hendricks sei „schon eine sehr offene Frau“, sagen mehrere SPDler aus der Bundestagsfraktion übereinstimmend. Geschadet hat das der 55-Jährigen nicht.

Seitdem Oskar Lafontaine die Frau aus dem Niederrhein-Kreis Kleve 1999 ins Finanzministerium holte, war sie dort Staatssekretärin. Drei Finanzminister hat sie erlebt – und überlebt. Nach Lafontaines Abgang kam zuerst Hans Eichel und dann der aktuelle Hausherr Peer Steinbrück. Acht Jahre sind eine lange Amtszeit für eine parlamentarische Staatssekretärin. Selbst bei politischen Gegnern gilt die Gymnasiallehrerin für Geschichte und Sozialkunde als kenntnisreich in Finanzdingen.

Uneitel, sachkundig, konfliktbereit – mit diesem Paket von Eigenschaften scheint Barbara Hendricks eine ideale Nachfolgerin der bisherigen Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier. Auch die drängte sich nie in den Vordergrund und bekam im Gegenzug freie Hand über die Finanzen der Partei. Und die haben es in sich.

Die SPD besitzt die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft DDVG. Über diese Firma sind die Sozialdemokraten an über 17 Zeitungen beteiligt. Wettig-Danielmeier machte die ganze Macht der DDVG deutlich, als sie die vom Bankrott bedrohte Frankfurter Rundschau rettete. Die CDU mag die besseren Verbindungen zu den Unternehmen haben, aber die SPD hat selbst ein formidables Unternehmen. Und sie ist die mit Abstand reichste Partei.

Der Job der Schatzmeisterin ist deshalb mit mehr Macht verbunden als in jeder anderen Partei. Er ist einzigartig. Das allein macht es reizvoll für Hendricks vom Finanzministerium in die Parteizentrale zu wechseln. Ein weiterer Anreiz mag sein, dass es ungewiss ist, ob die SPD nach der Bundestagswahl 2009 noch regiert.

Fest stand Barbara Hendricks’ Wahl schon länger und das hat viel mit internem Proporz zu tun. Sie ist die Vertreterin des konservativen Seeheimer Kreises im engsten Führungszirkel der Partei und sie ist eine der wenigen Frauen in der SPD-Spitze. Ob sie nach außen eine stärkere politische Rolle als Wettig-Danielmeier anstrebt, muss sich zeigen.

DANIEL SCHULZ