Bescheidene Wundertüte

HANDBALL-BUNDESLIGA Knapp dem wirtschaftlichen K.o. entkommen und spielerisch auch nicht immer souverän, entdeckt der HSV Hamburg alte Tugenden wieder: Demut und Sparsamkeit

Sie hatten es geahnt: Es würde schwer werden. Und so pflegten sie beim HSV Hamburg vor Beginn der laufenden Handball-Bundesligasaison einen Wert, der in den zurückliegenden Jahren nicht sonderlich en vogue gewesen war – Demut. Wenige Wochen nachdem der HSV die Insolvenz abwenden konnte, wurde da nicht diese oder jene Trophäe als Ziel ausgerufen. Nein, auf großen Plakaten richteten sich die Profis mit einer eher leisen Botschaft an ihre leidgeprüften Fans: „Unser Saisonziel? Euch begeistern!“

Nun sind den Hamburgern aber zu selten entsprechende Leistungen gelungen, als dass sich sagen ließe, dieses Ziel werde am Ende der Saison erreicht. Am Samstag gelang im Heimspiel gegen den TuS Nettelstedt-Lübbecke mit einem 34:26 (14:12) zwar ein guter Auftritt, den die HSV-Fans unter den 6.733 Zuschauern dankbar aufnahmen, ja feierten. Aber in den Wochen zuvor hat es auch herbe Enttäuschungen gegeben, etwa die Niederlagen in Minden und Wetzlar oder zu Hause gegen Balingen-Weilstetten und Lemgo.

„Die Amplituden nach oben und unten waren sicherlich zu heftig“, räumte HSV-Geschäftsführer Christian Fitzek ein. Interimstrainer Jens Häusler, bis Saisonende der Platzhalter für den designierten Coach Michael Biegler, bezeichnete das Team jüngst als „Wundertüte“. Die allerdings enthielt dann doch überwiegend Dürftiges: Die Ausbeute von 22:26 Punkten nach 24 Spielen ist gerade mal schwächeres Mittelmaß.

Da ist es nicht verwunderlich, wenn die Vereinsführung für den Sommer einen weiteren Umbruch des Kaders plant – mit dem Ziel, den Gesamtetat zu senken, damit der klamme HSV eine Zukunft hat. Das gelingt am besten über die Gehälter der Spieler: Über Jahre haben sie in Hamburg über ihre Verhältnisse gelebt – nicht zuletzt, weil Mäzen Andreas Rudolph etliche Millionen Euro in sein Projekt investiert hat. Rudolph nimmt als Hauptsponsor auch weiter eine zentrale Rolle in dem Klub ein; ohne seine Unterstützung fiele beim HSV wohl alles schnell in sich zusammen.

„Wir sind an der Kaderplanung dran. Da muss man auch mal abwägen und sich fragen: Was kann man sich leisten? Und dann kommt man zum Ergebnis, dass man auch mal böse sein muss“, sagte Geschäftsführer Fitzek. Damit ist gemeint, dass es auch für den einen oder anderen Spieler, der schon länger das Trikot mit der Raute trägt, keine Zukunft über diese Saison hinaus gibt. Das dürfte etwa auf den immerhin schon 38 Jahre alten Weltmeister Torsten Jansen zutreffen.

Pascal Hens dagegen wird zu einem gewissen Maß durch seine Frisur geschützt: Mit seinem Irokesen-Schnitt ist er eine Identifikationsfigur. Und durch einen wie ihn lassen sich Sponsoren gewinnen – ein Gebiet, auf dem der HSV Hamburg in nächster Zeit einiges zu tun hat. Hens, auch schon 34, bekommt wohl noch zwei Jahre Nachschlag, aber bei deutlich geringeren Bezügen. Die luxuriösen Zeiten beim HSV sind vorbei.  GÖR