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Archiv-Artikel

Jugend soll nach oben

Sozialsenatorin lobt Qualifizierungsprojekt für Schulabbrecher. Grüne sehen das Projekt kritisch

40 Prozent der Schüler an Berlins Haupt- und Gesamtschulen können weder richtig lesen noch schreiben, sagt die Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linke). Damit diese „Risikolerner“ überhaupt eine berufliche Chance haben, bietet das Land seit 1998 eine sogenannte Modulare Duale Qualifizierungs-Maßnahme (MDQM) an. Anlässlich der Tagung „Mehr Chancen durch Qualifizierung“ zog Knake-Werner am Donnerstag eine erste Bilanz: 3.500 Jugendliche nehmen das Angebot derzeit wahr, das entspricht elf Prozent aller Berliner Auszubildenden. Insgesamt haben bisher 19.000 Jugendliche an dem Programm teilgenommen. „Unser Programm ist erfolgreich“, so Knake-Werner. Allerdings machen nur 23 Prozent der Jugendlichen die Prüfung am Ende der Maßnahme; einige wenige finden einen Ausbildungsplatz, die meisten brechen ab.

Begonnen hat MDQM als Modellprojekt und wurde bezahlt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Berlin. Seit einem Jahr wird es dauerhaft angeboten und nur noch vom Land mit jährlich acht Millionen Euro finanziert. Das Programm besteht aus zwei Stufen: Die Jugendlichen ohne (75 Prozent) oder mit einfachem Hauptschulabschluss (25 Prozent) belegen zunächst einen einjährigen Vorbereitungskurs. Mit Bestehen der ersten Stufe erhalten sie einen einfachen oder erweiterten Hauptschulabschluss. In der zweite Stufe lernen sie in verschiedenen Modulen Tätigkeiten aus 20 kaufmännischen, gewerblich-technischen und Dienstleistungsberufen. Das Ganze schließt, je nach Berufsfeldern, nach zwei bis dreieinhalb Jahren mit einer Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer ab. Die Jugendlichen erhalten für jedes Modul ein Zertifikat, so stehen auch die zahlreichen Abbrecher nicht gänzlich ohne Abschluss da.

„Die Module werden nicht von der IHK zertifiziert, das heißt, sie sind auf dem Arbeitsmarkt nicht verwertbar“, kritisiert Ramona Popp, arbeitspolitische Sprecherin der Grünen. Der Ansatz des Modells sei gut, jedoch zu wenig praxisorientiert. KATHLEEN FIETZ