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Archiv-Artikel

Spinnerte Germanen

Für die Woche der Integration hat sich Mo Asumang auf die Reise begeben („Roots Germania“, 0.30 Uhr, ZDF)

Die Medien haben das Thema Migration, Integration und die zugehörigen Menschen entdeckt. Mittlerweile bricht sich sogar die Erkenntnis Bahn, dass es hier nicht um eine Einbahnstraße der Anpassung geht, sondern menschliches Miteinander auf Gegenseitigkeit beruht. Parallel zur Woche der Integration im ZDF wird sich auch Flimmern und Rauschen diese Woche schwerpunktmäßig mit Medien und Integration beschäftigen und der Frage nachgehen, wie ernst es Sendern und Verlagen wirklich damit ist.

Das ZDF legt unter dem Motto „Wohngemeinschaft Deutschland“ mit Strukturtapete und Hütchen im Hintergrund angenehm selbstironisch los (alle Infos: www.zdf.de), kann sich dann aber doch nicht ganz vom eigenen Trott befreien: Den „Fernsehfilm der Woche“-Termin um 20.15 Uhr bespielt jedenfalls nicht der eigentlich am besten zum Konzept passende Film „Roots Germania“ von Mo Asumang, sondern hier ermittelt brav Natalia Wörner als Kommissarin Jana Winter – natürlich im Umfeld der Migrationsthematik: Es geht um Scheinehen und Menschen aus Osteuropa.

Asumangs manchmal etwas verspielt-naives Dokumentarfilmdebüt dagegen teilt das Schicksal der „Kleines Fernsehspiel“-Reihe des ZDF, in deren Rahmen „Roots Germania“ entstanden ist: Es läuft zu nachtschlafender Zeit um 0.30 Uhr und hätte definitiv einen früheren Sendeplatz verdient.

Denn die Naziband „White Aryan Rebels“, die per Songtext zum Mord an Mo Asumang und anderen aufrief, brachte die 1963 in Kassel geborene Tochter einer Deutschen und eines Ghanaers auf eine Spurensuche der besonderen Art: Bei Neo- und anderen Nazis wie dem Anwalt Jürgen Rieger („Die nordische Rasse ist relativ objektiv“), bei deutschen RentnerInnen an den Externsteinen und Musikern in Ghana, bei neogermanischen Baumanbetern und Wissenschaftlern.

Das Ergebnis ist so bunt, schrill und auf beklemmende Art und Weise absurd wie Thomas Frickels legendärer Deutsch-Realsatire „Deckname Dennis“ (1997). Und Asumang, die immer noch am ehesten als „Liebe Sünde“-Moderatorin bekannt ist, hat sich mit einem spannenden Beitrag im deutschen Fernsehen zurückgemeldet. STEFFEN GRIMBERG