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Archiv-Artikel

Bauspielplatz muss betteln

KINDER Seit Januar kann der Bauspielplatz Rübezahl in Barmbek warmes Essen nur noch dank Spenden anbieten. Das zuvor erhaltene Geld bekommt nun ein anderes Projekt

Offener Rübezahl

Den Bauspielplatz Rübezahl gibt es seit 1973. Gegründet haben ihn Anwohner im Stadtteil Barmbek Nord auf einer Freifläche nahe eines U-Bahn-Viadukts.

■ Bauspielplätze sind Orte, wo die Kinder experimentieren, ausprobieren und Erfahrungen sammeln. Trotz Ausbau der Ganztagsschulen anerkennt solche offenen Angebote auch die Politik.

■ Wie die meisten der rund 30 Plätze kooperiert auch Rübezahl mit Schulen und hat gemeinsame Angebote. Geöffnet hat er täglich außer montags von 13 bis 18 und samstags 12 bis 16 Uhr.

■ Der Besuch ist freiwillig. In den Ferien gibt es ein kostenloses Ausflugsprogramm.

VON KAIJA KUTTER

Jessica sitzt aufgeregt am Esstisch und schielt zur Küche. Sie hatte Geburtstag, und die Köchin verziert hinter dem Tresen eine Torte mit ihrem Namen. Die gibt es als Nachtisch. Vorher nehmen sich die Kinder selbst gemachte Pommes, Würstchen, Krautsalat und Trauben. „Hier muss ich nicht mehr lernen nach dem Essen“, sagt der kleine Kwame. Auch Enis gefällt es hier. Er geht in eine große Schule mit 1.500 Schülern. Auch dort gibt es Essen, für das er sich aber ausweisen muss: per Fingerabdruck. Wie familiär es dagegen doch ist hier in der Wohnküche des Bauspielplatzes „Rübezahl“.

Das machen viele der Besucher-Kinder so, berichtet Erzieher Lars Abels. Seit die meisten Schulen Mittagstisch anbieten, habe der „Baui“ das Essen nach hinten verlegt, in den Nachmittag hinein: Von halb drei bis fünf ist die Küche offen, so dass auch Nachzügler etwas Warmes bekommen. „Die Kinder haben den ganzen Tag Hunger“, sagt Abels. Das Essen gehöre zur pädagogischen Arbeit – manche, die kommen, könnten sich das Schulessen aber auch gar nicht leisten.

Seit dem 1. Januar hat der Bauspielplatz am Rübenkamp keinen Etat mehr für das, was die Küche bereitet. Kamen die Lebensmittel ohnehin von der „Hamburger Tafel“, fehlt es nun am Honorar für die beiden Mütter, die hier kochen.

Warum? Der Bauspielplatz gehört seit 40 Jahren zu den Angeboten der offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA). Deren Etat wurde im Jahr 2012 um stolze zehn Prozent gekürzt. Im Gegenzug bot der Senat neue „Sozialräumliche Hilfen und Angebote“ (SHA) an, die offene Kinder- und Jugendarbeit mit Einzelfallhilfe verbinden sollten. Auch „Rübezahl“ wurde Teil eines solchen SHA-Projekts, Abels richtete ein Elterncafé ein und bot Einzelhilfen an. Dafür zahlte das neu geschaffene SHA-Netzwerk Barmbek zehn Arbeitsstunden und rund 7.000 Euro Koch-Honorar.

Federführung in diesem Netzwerk hat als geschäftsführender Träger die „Hamburger Kinder- und Jugendhilfe“, kurz: Hakiju. Und die entschied, mit dem Geld solle etwas anderes passieren: Man finanziere nun ein neues Projekt für traumatisierte Mädchen, sagt Matthäus Joskowski von dem Träger. „Dies wurde in Absprache mit Jugendamt und anderen Vereinen entschieden.“

Nur eben nicht im Einvernehmen mit dem Bauspielplatz. „Ich habe den Eindruck, dass in diesem Netzwerk ein Träger mit sich selber kooperiert“, sagt Manuel Essberger vom Verband für Kinder- und Jugendarbeit. Käme dadurch der kleine Bauspielplatz unter die Räder, bekäme das ganze „eine Schräglage“.

Lars Abels und sein Team starteten einen Spendenaufruf im Wochenblatt – über 2.000 Euro kamen so zusammen. Außerdem sprach er im Jugendhilfeausschuss vor. „Wir haben den Eindruck, dass das Projekt eine gute soziale Funktion im Stadtteil hat“, sagt dessen Vorsitzender Michael Schilf (Grüne). Der Fall beschäftigt diverse Gremien im Bezirk Nord. Möglich, dass dieser mit Mitteln aus dem „Quartierfonds“ hilft. Bei einer Hauptausschuss-Sitzung in dieser Woche wurde die Sache aber vertagt: Es gebe „ein paar offene Fragen“, sagt SPD-Fraktionschef Thomas Domres. Man werde noch mal mit beiden Trägern sprechen.

Eine positive Entscheidung gibt es frühestens in der Sitzung am 7. April. Die Spenden, sagt Abels, reichten bis Ende März.