Familienbild mit Kopftuch

Die in Bremen gedrehte Fernsehdokumentation „Luise – eine deutsche Muslima“ ist auf Arte zu sehen

Wenn das Fremde in sicherer Entfernung bleibt, ist es leicht, darüber zu urteilen. Was aber, wenn es in der Familie auftaucht, mit am Küchentisch sitzt, das eigene Kind verändert? Diese Erfahrung hat die in Bremen lebende Eventmanagerin Rita F. gemacht, deren Tochter Luise mit 19 Jahren den algerischen Informatikstudenten Mohamed B. heiratete, den islamischen Glauben annahm und nun als 25-Jährige nicht nur ein Kopftuch, sondern den dunkelblauen Hijaab trägt, der den gesamten Körper verschleiert. Die junge Frau mit dem deutlich norddeutschen Zungenschlag emanzipierte sich von ihrer emanzipierten Mutter, indem sie sich für einen Lebensweg entschloss, der für diese nur sehr schwer nachvollziehbar ist.

Persönlicher kann das Politische kaum werden, und so ist die Dokumentation der Bremer Filmemacherin Beatrix Schwehm über diese Familie auch ein komplexes Lehrstück, in dem das Verhältnis zwischen Deutschen und Muslimen einmal jenseits der Klischees, Polemiken und Schlagzeilen untersucht wird. Vier verschiedene Lebensentwürfe werden da gezeichnet, denn neben Mutter, Tochter und Ehemann lebt unter dem gleichen Bremer Dach auch noch der Stiefvater Mateng P., der als Mitglied der Theatergruppe Theatre du Pain stadtbekannt ist. Sie alle können sich differenziert artikulieren und vertreten ihre Standpunkte überzeugend und selbstbewusst. Natürlich ist es für einen deutschen Zuschauer einfacher, die Positionen der Mutter und ihres liebevollen und toleranten Lebenspartners nachzuvollziehen. Aber man glaubt Luise auch, dass sie sich wohl in ihrer islamischen Kleidung fühlt und das streng religiöse Leben an der Seite ihres Mannes für sie keine Einschränkung, sondern eine Bereicherung darstellt.

Zum Teil erzählen die Protagonisten direkt in die Kamera, aber am besten ist der Film immer dann, wenn es Beatrix Schwehm gelingt, die Gespräche der vier untereinander so aufzunehmen, dass man den Eindruck bekommt, sie hätten die Kamera vergessen. Wie vertraut die Familie und das Filmteam miteinander waren, merkt man besonders an den Sequenzen, die bei einem Besuch bei Mohameds Familie in Algier gedreht wurden. Da wirkt nichts so, als wäre es für die Kamera inszeniert, und natürlich bilden diese Szenen einen klug gesetzten Kontrapunkt zu den in Bremen gedrehten, denn hier ist Rita in Bluse und leichter Sommerhose so auffällig wie Luise bei uns. W. Hippen

„Luise – eine deutsche Muslima“: 8. November, Arte, 22.05 Uhr