: Tofu statt John Heartfield und George Grosz
KUNST In der Marheinekehalle muss eine Galerie einem Laden für vegane Lebensmittel weichen
Wer in den letzten Jahren in der Kreuzberger Marheinekehalle einkaufen ging, konnte hier auch auf Kunst stoßen. Doch damit ist zum Ende dieser Woche Schluss. Die Browse Gallery, die in der ersten Etage der Halle ihr Domizil hatte, muss einem Laden für vegane Lebensmittel weichen. Die aktuelle von Eckhard Siepmann kuratierte Ausstellung wird schon nicht mehr in der Gallery, sondern im Hauptgang der Halle im Erdgeschoss präsentiert.
Auf 40 Tafeln wird an den in Kreuzberg gegründeten „Grosz-Heartfield-Konzern“ erinnert, eine Kooperation der führenden Köpfe des Berliner Dadaismus, John Heartfield und George Grosz. Dokumentiert wird ihre politische und künstlerische Radikalisierung während des Ersten Weltkriegs und ihr Engagement in den Reihen der Berliner Rätebewegung.
Ausführlich geht es auch um die künstlerischen Reaktionen auf die Gräuel der Freikorps, die ab 1919 in Berlin mit Terror und Standgerichten gegen die revolutionären ArbeiterInnen vorgingen. Später gingen Grosz und Heartfield politisch und künstlerisch unterschiedliche Wege. Während Heartfield die Titelseiten der linken Arbeiter Illustrierten Zeitung (AIZ) und Wahlplakate für die KPD gestaltete, verabschiedete sich Grosz von der politisch engagierten Kultur. Auf einigen Fotos sieht man die beiden nach dem Zweiten Weltkrieg auf den Berliner Trümmerhaufen stehen – auf die Folgen einer Politik schauen, die sie bereits 1918 bekämpften. Auf den letzten Tafeln sollen Plakate der KPD/RZ und der PARTEI das Fortwirken des Dadaismus in Berlin-Kreuzberg dokumentieren.
Zumindest im Kreuzberger Einkaufstempel wird man diesen nun bald nicht mehr begegnen. Zum Abschluss werden heute um 18 Uhr in den ehemaligen Gallery-Räumen Dokumentarfilme von Helmut Herbst über John Heartfield und die Berliner Avantgarde gezeigt. PETER NOWAK