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■ Der Fall Chodorkowski Deutschland 2011, R: Cyril Tuschi
„‚Das Chaos ist aufgebraucht, es war die beste Zeit‘ – mit diesem Brecht-Zitat ließen sich die wilden 90er Jahre im postsozialistischen Russland aus Sicht eines Oligarchen wie Michail Chodorkowski wohl bestens resümieren. Im Chaos des Übergangs von Planwirtschaft zum Kapitalismus stieg er vom Komsomol-Funktionär zum reichsten Mann Russlands auf. Er war gerade damit beschäftigt, sein Image des ruchlosen Oligarchen in den Ruf eines Wohltäters und Kulturförderers umzuwandeln, als er 2003 festgenommen und wegen Steuerhinterziehung zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. An der Figur Michail Chodorkowski lässt sich wie an keiner anderen Person die zeitgeschichtliche Entwicklung Russlands aufrollen und analysieren. Es ist also höchste Zeit, dass es einen Film über ihn gibt. Der deutsche Filmemacher Cyril Tuschi hat diese Aufgabe auf sich genommen; diese Haltung liegt seinem Dokumentarfilm ‚Khodorkovsky‘ als ein wenig irritierende Selbstinszenierung zugrunde. Sein Film erzählt die Biografie Chodorkowskis nach, reiht eine Serie von Interviews mit Verwandten, Weggefährten und anderen wichtigen Personen aneinander, zeigt Archivmaterial und illustriert Schlüsselszenen der Ereignisse mit Animationen. Das alles ergibt ein faszinierend vielschichtiges Bild. Ob Chodorkowski ‚schuldig‘ ist oder ob seine Wandlung zum Wohltäter ‚ehrlich‘ gemeint war – darüber maßt sich Tuschi dankenswerterweise kein Urteil an“, schrieb Barbara Schweizerhof in der taz von der Berlinale.■ Tom Sawyer Deutschland 2011, R: Hermine Huntgeburth, D: Louis Hofmann, Leon Seidel
Der Spiegel lobt den großen deutschen Vorweihnachtsfilm dieses Jahres: „‚Tom Sawyer‘ ist die schwungvolle Adaption von Mark Twains literarischem Klassiker. Die Geschichte um eine große Jungenfreundschaft am Ufer des Mississippi, um dunkle Höhlen, düstere Verbrecherseelen und nette Tanten beweist einmal mehr ihre große erzählerische Qualität. Die deutsche Regisseurin Hermine Huntgeburth jagt ihre beiden umtriebigen Helden durch die Dekors, die in Rumänien für den US-Western ‚Cold Mountain‘ gebaut worden waren, Schauspieler wie Heike Makatsch, Benno Fürmann und Joachim Król werfen sich mit sichtbarer Spielfreude in ihre Rollen, chargieren bisweilen allerdings recht ungehemmt.“
■ Wandlungen – Richard Wilhelm und das I Ging Schweiz 2011, R: Bettina Wilhelm
Der katholischen Filmdienst urteilt ambivalent: „Dokumentarfilm, in dem die Enkelin von Richard Wilhelm China bereist. Ihr Großvater kam 1899 als evangelischer Theologe mit Missionsauftrag ins ‚Reich der Mitte‘ und entwickelte sich zu einem der wichtigsten deutschen Sinologen, der seinen Landsleuten die fernöstliche Philosophie nahe bringen wollte und das ‚I Ging‘, das ‚Buch der Wandlungen‘, ins Deutsche übersetzte. Während Archivbilder und erhellende Passagen aus Wilhelms Tagebuch interessante Einblicke liefern, findet die filmische Herangehensweise selbst keinen sinnfälligen Eindruck von Wilhelms damaliger Faszination.“