Ein umgekehrter Integrationskurs

Mit dem ‚Xenos‘-Projekt wollte ein Zusammenschluss von Bremer Bildungsträgern im Berufsleben Verständnis für andere Kulturen wecken. „Uns ging es gar nicht darum, die Migranten zu ändern“, sagt die Leiterin des Projekts. Für das kommende Jahr ist eine Neuauflage geplant

Heidemarie Voß vom „Netzwerk Interkulturelle Kompetenz“ leitete das Bremer „Xenos“-Projekt.

Was muss man den Deutschen über ihre ausländischen KollegInnen beibringen?

Heidemarie Voß: Da gibt es eine Menge Dinge aus dem interkulturellen Bereich. Wir haben eigene Lernmodule zur Sprach- und Religionsvielfalt entwickelt, aber auch zum Umgang mit Zeit. Zielgruppe unseres Projekts waren aber weniger deutsche Kollegen von MigrantInnen, sondern Multiplikatoren aus der Erwachsenenbildung, Lehrer, Ausbilder und Sozialpädagogen.

Sollte diese Berufsgruppe solche Kenntnisse nicht sowieso schon haben?

Bei Berufsvorbereitungskursen haben wir immer wieder erlebt, dass Lehrer in Klassen mit hohem Ausländeranteil Probleme hatten. Es ging uns gar nicht darum, die Migranten zu ändern. Wir wollten den Lehrern das Handwerkszeug geben, zum Beispiel mit einer Situation umzugehen, in der die Schüler einfach nur noch türkisch oder russisch sprechen. Wenn man ein bisschen versteht, worum es geht, kann man gelassener mit so etwas umgehen. Wenn aber keine Kompetenz da ist, dann wird der Umgang schnell diffamierend, Konflikte werden totgeschwiegen und werden immer größer.

Sie sprachen von Zeit. Worin unterscheidet sich denn das Zeitverständnis?

In südlichen Ländern herrscht teils ein etwas anderes Verständnis von Pünktlichkeit. Die Arbeitszeiten sind ganz anders auf den Tag verteilt. So werden in Süditalien vier Stunden Siesta gehalten. Menschen aus diesem Kulturkreis bringen andere Haltungen mit. Und wir wollen dazu beitragen, dass diese verstanden werden. Kollegen sollen da nicht gleich Faulheit unterstellen.

Also eine Art umgekehrter Integrationskurs?

Wenn Sie so wollen, ja. Das soll natürlich nicht heißen, dass alles akzeptiert werden muss. Vielmehr wünschen wir uns, dass man sich in beiderseitigem Verständnis auf etwas Gemeinsames einigt.

Haben Sie ihre Arbeit auch als Gegenpol zu der ständigen Forderung nach Assimilation von MigrantInnen verstanden?

Ja.

Wie viele Leute haben Sie damit erreicht?

Von 2001 bis 2007 haben etwa 800 Multiplikatoren unsere Kurse besucht. Wenn man aber alle mitzählt, die von denen weitergebildet wurden, dann geht die Zahl in die Tausende.

Das Projekt ist kürzlich ausgelaufen. Gibt es eine Neuauflage?

Ab 2008 soll es – mit etwas anderen Kooperationspartnern – weitergehen. Fragen: C. Jakob