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Äpfel und Grüße

Die Schwesterstadt

Die letzte E-Mail hatte H. mit komischen Sonderzeichen aus dem Apple-Flagshop in Soho geschickt. Heute lag eine Postkarte im Briefkasten: „Greetings from New York City“. Beim Treppensteigen betrachtete ich die Abbildung. Oranger Himmel, violette Wolkenkratzer-Skyline, davor in riesigen Buchstaben der Stadtname, und in jedem Buchstaben eine Sehenswürdigkeit. Zum Lesen war’s im Treppenhaus zu schummrig, also stellte ich mich in der Küche ans Fenster.

„Dear a.“, schrieb H., „metropolistische grüße in die kleine schwesterstadt!“ Ich blickte über die Baumwipfel des Mauerparks. Skyline aus vierstöckigen Mietshäusern, in der Ferne Warnbefeuerung am Park Inn und daneben der farbig leuchtende Fernsehturm. „totaler wahrnehmungsrausch, endlose avenues, yellow cabs, obdachlose und …“ Rumpelnd fuhr ein Auto über das Kopfsteinpflaster des Gleimtunnels. Doch was war das? „lichtkörnchen“? „leuchtkörper“? Oder doch „eichhörnchen“? H. war Germanistin, und kamen Eichhörnchen nicht in „Der gute Gott von Manhattan“ vor, diesem 50er-Jahre-Hörspiel? Das nächste Wort war jedenfalls „eastvillage“, in Klammern „vgl. u.p.’s roman!“, und dann stand da noch „orte, die dir auch gefallen würden, und natürlich dieses unglaubliche licht“. Das letzte Licht in der Küche kam jetzt vom Bildschirm des Laptops.

Bei Google Earth gab ich „New York“ ein. Mit dem größten Zoomfaktor kann man die Fackel der Freiheitsstatue sehen, und die Bagger und Kipplader auf Ground Zero. In der Obstschale lag noch ein Cox Orange vom Eat Organic an der Schönhauser Allee. Hatten die Eichhörnchen in dem Hörspiel nicht Hochhäuser gesprengt? Der Apfel krachte beim Zubeißen. Nicht schlecht, dieses Öko-Zeug. ANSGAR WARNER

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