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Archiv-Artikel

Hochschulgesetz noch nicht weg

Expertenanhörung im Bundestag: Große Koalition berät immer weiter über Wegfall des Hochschulrahmengesetzes. Grüne fordern bundeseinheitliche Regeln für Zulassung und Abschluss an Unis – zusammen mit den Sozialdemokraten

BERLIN taz ■ Unterschiedlicher hätten die Interpretationen nicht ausfallen können. Die Unionsfrauen Monika Grütters und Ilse Aigner forderten gestern den Bundestag kess zu mehr Mumm auf: „Keine Furcht vor der Freiheit!“, sagten die beiden Hochschulexpertinnen ihrer Fraktion. „Wir brauchen keine bundesgesetzlichen Vorgaben für das Hochschulwesen mehr, sondern größere Gestaltungsspielräume für die Länder im Bildungswettbewerb und mehr Autonomie für die Hochschulen.“ Das lasen Aigner und Grütters aus der Expertenanhörung zum Wegfall des Hochschulrahmengesetzes (HRG) heraus.

Die große Koalition überlegt seit langem, das Rahmengesetz des Bundes für die Hochschulen restlos zu beseitigen. Allerdings gibt es Differenzen, weil die SPD möchte, dass der Bund bei Zulassung zu den Hochschulen und Abschlüssen seine verbliebenen Zuständigkeiten nutzen sollte.

Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, hatte einen ganz anderen Eindruck als die Unionsabgeordneten. Das Hearing habe gezeigt, dass die Mehrheitsmeinung dagegen gewesen sei, das HRG ganz abzuschaffen. Gehring sagte der taz, der Abschaffungsplan sei „Folge einer völlig verkorksten Föderalismusreform, die verrückte konkurrierende Gesetzgebung zulässt“. Gehring riet der Koalition, „es sich noch mal zu überlegen, das HRG abzuschaffen“.

Da legt Gehring den Finger in die Wunde. Der Beschluss der Koalition über Abschaffung will und will nicht fallen. Auch nach der Anhörung teilte die einflussreiche SPD-Abgeordnete und Vorsitzende des Bildungsausschusses, Ulla Burchardt, mit: „Abschaffung ist nicht plausibel.“ Es gebe beträchtlichen bundeseinheitlichen Regelungs- und Koordinierungsbedarf im Hochschulwesen, sagte sie der taz. „Im Interesse von Chancengleichheit, Mobilität und Qualität sollte der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz bei der Hochschulzulassung und den Abschlüssen Gebrauch machen.“ Die Hochschulautonomie werde nicht vom Bund, sondern allenfalls von Landesgesetzen beeinträchtigt. CHRISTIAN FÜLLER