„Crash und Neuanfang“

LESUNG Der Hamburger Artur Hermanni stellt sein Buch über ein Leben mit der Depression vor

■ 51, war Architekt und Unternehmensberater. Nun ist er Autor und leitet die Lesebühne „Eidelstedter Poeten“.

taz: Herr Hermanni, in Ihrem Buch „7 Kämpfe 7 Leben“ verarbeiten sie ihre Lebensgeschichte. Was gab den Anstoß dazu?

Artur Hermanni: Das kam durch meinen eigenen Zusammenbruch im Jahr 2007. Der Antrieb war der Wunsch zu verstehen und die Frage, wie das alles passieren konnte. Ich wollte nicht mehr zurück.

Und dabei hilft das Schreiben?

Ja, das tut es. Das Schreiben ist mein Königsweg.

Für wen schreiben Sie?

Am Anfang vor allem für mich. Als ich die ersten male zum Thema auf Lesebühnen gelesen habe, merkte ich, dass auch viele, die ähnliches erlebt haben, sich stark damit identifizieren können. Dabei will ich kein Ratgeber sein, ich mache keine Vorschläge, aber ich will Hilfe zum Verständnis liefern.

Was unterscheidet eine „echte“ Depression von einem Burn-Out, wie Sie ihn beschreiben?

Burn-Out ist kein diagnostisch definierter Begriff. Wenn die Fachleute von einem Burn-Out reden, meinen sie meist eine Depression. Burn-Out ist sozusagen ein volkstümlicher Begriff und wird unterschiedlich gebraucht. Ich habe ihn als Ereignis verwendet, als finalen Crash: die dunklen Wochen und Monate, als einfach nichts mehr ging. Danach fängt man wieder von Null an. Ich spreche ja auch von meinem anderen Leben, weil nichts von dem geblieben ist, was vorher war. Es ist sozusagen die Wende in meinem Leben.

Was ist denn anders nach einem Burn-Out?

Wenn man nichts tut, leider nicht viel. Ich habe es letztlich als Chance begriffen, weil es am Ende auch um das Leben ging. Ich habe gelernt auf mich zu achten. Früher war ich Unternehmensberater, es ging viel um Tempo und Leistung. Damit habe ich komplett gebrochen. Das kann ich heute gar nicht mehr. Von der Lebensqualität ist es aber eine Verbesserung. Ich würde nicht mehr tauschen wollen.

Wie bewerten sie den Umgang mit dem Thema heute?

Depressionen sind sind immer noch ein Stigma. Sicher war auch das eine Intention das Buch zu schreiben. Damit bekämpfe ich Feuer mit Feuer und möchte einen Beitrag zur Aufklärung leisten. Gesellschaftlich gesehen gibt es eine klare Verbesserung in der Hinsicht. Ich sehe das als eine Vorphase an, solche Entwicklungen benötigen numal ihre Zeit.  INTERVIEW: FAL

19 Uhr, Via Cafélier, Paul-Dessau-Straße 4