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Archiv-Artikel

Den Opfern geklaut, den Tätern gegeben

UMVERTEILUNG Die Hamburger SPD streicht Gelder für die Flüchtlingsberatung, um die bundesweite Arbeit mit Rechtsradikalen zu fördern. Dabei stieg SPD-Senat längst aus Nordbündnis gegen Neonazis aus

Von MAC
„Dieser Symbolgehalt macht den SPD- Antrag unerträglich“

CHRISTIANE SCHNEIDER, LINKSPARTEI

Ein Antrag der SPD-Fraktion hat bei den Haushaltsberatungen der Hamburger Bürgerschaft am Mittwoch Fassungslosigkeit bei der Grün-Alternativen Liste (GAL) und der Linkspartei ausgelöst.

Passend zur Debatte um Konsequenzen aus der lange unentdeckten Mordserie der rechten Terrorzelle, fordert die SPD einen Hamburger Zusatz-Zuschuss von 10.000 Euro für ein Bundesprogramm gegen neonazistische Umtriebe. Und zeigt dem Senat auch gleich – getreu der von Bürgermeister Olaf Scholz ausgegebenen Devise „pay as you go“ – woher das Geld kommen soll: Im Gegenzug soll der Senat die „Zuschüsse für Beratung und Hilfen für Flüchtlinge“ um den gleichen Betrag eindampfen.

„Sie bekämpfen die Neonazis mit dem Geld, das bislang ihren potenziellen Opfern zur Verfügung gestanden hat“, brüskierte sich GAL-Fraktionschef Jens Kerstan in der Bürgerschafts-Debatte. Das sei „an Peinlichkeit nicht zu überbieten“. Auch in den Gängen hinter dem Plenarsaal sorgte der Antrag für Gesprächsstoff. „Ausgerechnet den Flüchtlingen, die in den letzten zwei Jahrzehnten zuallererst Zielscheibe rassistischer Übergriffe wurden, das Geld wegzukürzen – dieser Symbolgehalt macht den SPD-Antrag unerträglich“, empörte sich die Linkspartei-Innenpolitikerin Christiane Schneider gegenüber der taz.

Auch die innenpolitische Sprecherin der GAL, Antje Möller, findet die sozialdemokratische Umverteilungsidee einfach nur „zynisch“. Sie verweist zudem darauf, dass die SPD mit ihrer „populistischen und theatralischen Maßnahme“ sich zwar nun als Speerspitze der anti-nazistischen Bewegung aufspiele, der SPD-Senat sich zuvor aber still und heimlich gleich nach Amtsantritt aus Kostengründen aus dem Präventionsprogramm gegen Rechtsextremismus „Verantwortung übernehmen im Norden“ zurückgezogen habe. Hier müssen Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ohne Hamburg auskommen. MAC