Tötet die Wüste oder die Wirtschaft?

betr.: „Klimawandel verursacht Dürre“, taz vom 13. 11. 07

Die Aussage, dass in Australien „verschiedenen Quellen zufolge sich pro Woche bis zu vier Landwirte das Leben“ nehmen, ist vor einigen Monaten zuerst von der australischen, dann von der internationalen Presse irrigerweise in Zusammenhang mit der Dürre gebracht worden. Suizidraten auf dem Land sind in Australien immer hoch gewesen. Hierfür gibt es einschlägige kulturelle und milieubedingte Gründe einer Studie zufolge, die im Bundesstaat Victoria von 1993 bis 1999 die Suizidraten untersucht hat, aus der obige Statistik ursprünglich stammt. Die Dürre begann aber erst 2000, also ein Jahr nach Abschluss der Studie.

Wie ist es nun zu diesem Fehlschluss gekommen? Der frühere Premierminister von Victoria, Jeff Kennett, ein rechtsliberaler Politiker, in dessen Amtszeit alle staatlichen Unternehmen privatisiert wurden, ist mittlerweile Vorsitzender einer Stiftung (beyondblue.org.au), die auf Depression als geistige Krankheit aufmerksam machen will. Kennett hat in einer Radio-Talkback-Show diesen Zusammenhang zwischen Suizid auf dem Land und der Dürre impliziert oder suggeriert mit Verweis auf obige Studie. Dies wurde von der Presse dann sehr schnell unkritisch aufgenommen und weiterverbreitet. Die Ironie ist natürlich, dass Kennett gerade dann „in der Natur“ Gründe sucht für von ökonomischen Faktoren verursachte Depression, wenn doch ein kritischer Blick auf seinen Privatisierungswahn eventuell näher liegende Gründe geboten hätte.

STEFAN SIEMSEN, Melbourne, Australien