: So schon mal sympathisch
Irgendwie muss man seine Entscheidungen finden. Irgendwie muss man doch auswählen, was für eine Musik man eigentlich hören möchte und welche Konzerte überhaupt für einen in Frage kommen für ein Wochenendvergnügen. An Anregungen fehlt es nicht. Zur Bewältigung des kulturellen Tummelfeldes empfehlen sich Bekannte, Blogs, Bestenlisten oder sonstige Einrichtungen der Geschmackspolizei mit ihren guten Ratschlägen, wo man sich hinwenden sollte. Und manchmal sind es eher verschwiegene Fingerzeige. Die kaum etwas besagen und trotzdem gleich ein Interesse wecken.
Dass zum Beispiel eine Band aus Ungarn kommt, ist nun ja nicht wirklich ein musikalisches Kriterium. Dennoch gibt es da sofort eine Grundsympathie, so ein Wohlwollen, das man vielleicht mit der Attraktion vom FC St. Pauli vergleichen kann, die dieser Fußballclub nicht nur auf seine Fanbasis ausübt. Der Verein, der eher ab- als aufsteigt und in Hamburg selbst gerade mal die zweite Wahl darstellt. Was im Menschen den edlen Instinkt weckt, dass man den Schwächeren in Schutz nehmen muss und deswegen schon mal präventiv für ihn ist, den Underdog. Trottel Stereodream Experience sind so eine Underdog-Band. Sie kommen also aus Ungarn, das in der allgemeinen Popaufmerksamkeit irgendwo hinter ferner liefen einen Platz gefunden hat. Wahrhafte Popperipherie. Und dass die Band sich dann dazu in den Underground wegduckt und so beim Außenseiter den Außenseiter spielt, macht sie wie jeden Hitparadenverweigerer noch mal ein Stück sympathischer.
Das kann aber auch ein solides Geschäftsmodell sein. Immerhin reicht die Geschichte der Band, zuerst lange nur Trottel geheißen, bis in die frühen 80er zurück. Und so eine Langlebigkeit verweist auch wieder darauf, dass hier mit Leidenschaft an einer Musik gearbeitet wird. Punk war das zuerst bei Trottel. Hardcore. Und mit dem Stereodream-Experience-Zusatz haben sie sich als fliegendes Teekesselchen auf den Weg durch ein Sphärengeflüster gemacht, weit draußen, wo sich Spacerock, lockerer Jazz und seltsam folkloristisch gefärbte Klangwolken ganz freundlich Guten Tag sagen. Im psychedelischen Prinzip verwandt mit dem Schamanen-Punk von Vágtázó Halottkémek (Rasende Leichenbeschauer – sie spielen am 7. Dezember in der Volksbühne), der tribalistischen Trancemusik von Úzgin Üver oder Korai Öröm. Alles Bands aus Ungarn übrigens und alle seit Ewigkeiten mit dabei in diesem Randgeschäft.
Und bei aller Grundsympathie: Trottel Stereodream Experience spielen schon ein bisschen besser als der FC St. Pauli. Morgen am Samstag machen sie das im Supamolly. THOMAS MAUCH
■ Trottel Stereodream Experience: Supamolly, Samstag, 22 Uhr