Komische Typen

Berlin ist nicht Mexiko

Gut zwei Wochen war ich in Mexiko. Mit ein wenig Durchblick und Vorsicht entging ich allen möglichen Gefahren: Weder traf mich die Rache des Montezuma, noch wurde ich in Mexico City ausgeraubt. Zurück in Berlin, traf ich mich mit einem Freund in der Kellerbar „flo“ in der Tucholskystraße in Mitte. Während ich in Mexiko meine Tasche nie aus den Augen gelassen hatte, deponierte ich sie hier auf einer Bank an der Bar. Ab und an versicherte ich mich mit einem kurzen Blick, dass sie noch da war.

Gegen elf Uhr, die Bar war mittlerweile proppenvoll, traf ich den Herausgeber der Zeitschrift dummy, Oliver Gehrs, von dem alle Welt behauptet, er sei der bestaussehende Medienredakteur des Landes. Weil das vielleicht sogar stimmt, unterhielt ich mich angeregt mit ihm über das nächste Heft, das den Titel „Liebe“ tragen soll. Nach einer Stunde ging ich zurück an die Bar. Wieder wollte ich einen Blick auf meine Tasche werfen. Doch sie war nicht da. Ich durchwühlte Berge von Mänteln und Jacken. Nichts. Ich fragte alle, die um die Bank herumstanden. Einige hatten „so einen komischen Typen“ gesehen. Meine Tasche war also von einem komischen Typen geklaut worden. Und damit EC- und Visacard, Personalausweis, 50 Euro, Wohnungsschlüssel, ein toller brombeerfarbener Dior-Lippenstift und ein Krimi von Fred Vargas.

Zum Glück hatte ich mein Handy in der Hosentasche. So konnte ich meine Nachbarn, die einen Zweitschlüssel meiner Wohnung haben, anrufen. Nachdem ich die Geldkarten gesperrt hatte, ging ich ins Bett. Da fiel mir ein, dass der Dieb nicht nur meinen Schlüssel, sondern auch meine Adresse hatte. Ein Scheißgefühl. Ich sprang auf und schrieb „Montezuma“ auf das Klingelschild. BARBARA BOLLWAHN