: Auto-Vorbild USA
VERKEHR Neues Testverfahren für Pkw-Verbrauch muss schnell kommen, fordern Umweltverbände
BERLIN taz | Schluss mit der Trickserei der Autokonzerne: Umwelt- und Verkehrsverbände fordern die rasche Einführung eines neuen Testverfahrens für neue Pkws. Mit dem neuen Testzyklus sollen der Kraftstoffverbrauch und damit der Ausstoß des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid (CO2) besser als bislang ermittelt werden. „Die Differenz zwischen dem angegebenen und dem tatsächlichen Verbrauch wird immer größer“, sagte Peter Mock, Geschäftsführer der Umweltorganisation ICCT, am Montag in Berlin. Waren die wirklichen Verbräuche früher etwa 10 Prozent höher als angegeben, so seien es mittlerweile rund 40 Prozent. „Das muss ein Ende haben.“
Der neue, weltweit harmonisierte Testzyklus soll ab 2017 auch in Europa das bisherige europäische Testverfahren ablösen. Umweltverbände fürchten aber eine Verzögerung bei der Einführung des neuen Testzyklus; zudem warnen sie vor einer Aufweichung der CO2-Grenzen für die neuen Fahrzeuge. Diese ist möglich, weil zur Harmonisierung beider Testverfahren ein Umrechnungsfaktor ermittelt werden soll, den die Autoindustrie zu ihren Gunsten gestalten möchte. „Die rasche Einführung eines realitätsnäheren Testverfahrens ist dringend nötig, damit von den angepriesenen Kraftstoffeinsparungen tatsächlich etwas auf der Straße ankommt“, sagte Daniel Rieger vom Umweltverband Nabu. „Nur so profitieren Verbraucher und Klima.“
Die Möglichkeiten, bei der Feststellung des Verbrauchs eines Autos im Labor zu tricksen, sind so vielfältig, wie ein Fahrzeug komplex ist. So können Batterien voll aufgeladen sein, Autoreifen einen extrem hohen Druck aufweisen, Türritzen abgeklebt oder Lichtmaschinen ausgestellt sein.
Der neue Testzyklus soll nun realitätsnäher sein. Er bilde ein dynamischeres Fahrverhalten ab, sei länger und simuliere eine höhere Höchstgeschwindigkeit, nämlich 130 statt 120 Kilometer pro Stunde, erläuterte Mock. „Aber auch dort besteht die Gefahr, dass die Industrie Schlupflöcher findet.“ Deshalb dürfe es nicht nur Tests im Labor geben, sondern auch auf der Straße im realen Alltagsbetrieb, und zwar durch unabhängige Behörden.
„Das funktioniert bereits – in den USA“, sagte der internationale Verkehrsexperte Axel Friedrich. Dort betrage die Differenz zwischen angegebenem und realem Verbrauch nur 2 Prozent. Auch bei Straßentests ließen sich vergleichbare klimatische und topografische Bedingungen vorgeben: „Man fährt einfach in flachem Gelände bei 13 Grad“, so Friedrich. „Das gibt es sowohl in Schweden als auch in Portugal.“
RICHARD ROTHER