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Bremer CDU will Ryanair subventionieren

Dank Ryanair starten 2007 so viel Fluggäste ab Bremen wie noch nie. Deshalb forderte die CDU den Bremer Senat auf, die Airline besonders zu fördern. „Wettbewerbsverzerrung“ urteilt Ver.di

Voller Stolz lud Ryanair gestern Journalisten für den kommenden Dienstag in sein Terminal am Bremer Flughafen ein. „Der Computer“, so die Presseabteilung, habe ermittelt, dass dort an jenem Tag der 400.000ste Bremer Passagier der Billigairline ein Flugzeug in Richtung Bratislava besteigen werde.

Vor nur sieben Monaten eröffnete die Airline ihre Basis an der Weser – und pushte die Zahl der Passagiere am Bremer Flughafen in diesem Jahr um über ein Drittel auf erstmalig mehr als zwei Millionen. Das begeisterte die CDU-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft derart, dass sie eine große Anfrage mit dem Titel „Erfolgsgeschichte Ryanair langfristig absichern“ an den Senat richtete.

Nach Berechnungen der Bremer Touristik Zentrale soll die Airline Bremer Hoteliers ganze 200.000 zusätzliche Übernachtungen und der bremischen Wirtschaft ein Umsatzplus von 28 Millionen Euro beschert haben. Der Arbeitsmarkt, so wusste die CDU, habe von Ryanair mit 175 neuen Stellen direkt am Flughafen profitiert, insgesamt sollen laut CDU 1.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze entstanden sein. Um diesen Erfolg abzusichern, so die Unionsfraktion, habe der Senat dafür Sorge zu tragen, dass „die infrastrukturellen Voraussetzungen optimiert und gleichzeitig jegliche die Prosperität hemmenden Beschränkungen reduziert werden“.

„Das ist eine Aufforderung, Ryanair Geld hinterherzuwerfen“, meint die Bremer Ver.di-Transportexpertin Nina Lepper. „Die CDU sollte eigentlich wissen, dass der Senat schon aus EU-rechtlichen Gründen keine Fluggesellschaft bevorzugen darf.“ Bei der Belegschaft des Flughafens sei die Stimmung schlecht. Im Herbst hatte sich Billigflieger TuiFly aus Bremen zurückgezogen, in der vergangenen Woche kündigte der Ferienflieger Condor an, ab dem Sommer 2008 nicht mehr aus Bremen zu starten. „Die Aussicht, dass Ryanair künftig den Bremer Flughafen dominiert, weckt bei vielen Beschäftigten extreme Zukunftsängste“, so Lepper. Die Gewerkschaft hatte Ryanair im Oktober wegen seiner Beschäftigungsbedingungen auf eine schwarze „Hungerlohn-Liste“ gesetzt.

Der Senat äußerte sich betont zurückhaltend. Man unterstütze „alle Unternehmen, die wirtschaftspolitisch wichtig seien,“ schrieb das Wirtschaftsressort. Allerdings seien 560.000 Euro bereitgestellt worden, für Tourismus-Marketing in den Ryanair-„Quellgebieten“.

Dass der SPD-geführte Senat die Begeisterung der Konservativen für die Dumping-Airline nicht teilen mochte, könnte auf Unmut in der Fraktion zurückzuführen sein. Dort wird die Airline zunehmend kritisch gesehen. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Helga-Ziegert, kündigte dann an, das Thema Ryanair in der nächsten Sitzung der Arbeitsdeputation zur Sprache zu bringen.CHRISTIAN JAKOB

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