: Mäßiger Erfolg durch Waffenembargos
Stockholmer Friedensinstitut präsentiert systematische Untersuchung aller seit 1990 vom UN-Sicherheitsrat verhängten Rüstungssanktionen. Die greifen selten, weil es bei der Umsetzung hapert. Waffentransfer in keinem Fall ganz unterbunden
AUS GENF ANDREAS ZUMACH
Waffenembargos der Vereinten Nationen waren in der Vergangenheit nur mäßig erfolgreich. Zu diesem Ergebnis kommt eine gestern am UNO-Sitz in New York veröffentlichte erste systematische Untersuchung aller 27 völkerrechtlich verbindlichen Waffenembargos, die der UN-Sicherheitsrat seit 1990 verhängt hat. Laut der vom Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstitut (Sipri) und der Universität Uppsala durchgeführten Untersuchung trugen die Embargos nur in 25 Prozent aller 27 Fälle dazu bei, dass die mit den Sanktionen belegten Regierungen, oppositionellen Bürgermilizen oder das transnationale Terrornetzwerk al-Qaida ihr Verhalten im Sinne der politischen Forderungen des Sicherheitsrates veränderten.
Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die UNO-Staaten ihre völkerrechtliche Verpflichtung zur Umsetzung der Embargoresolutionen meist nur sehr unzureichend erfüllten. „Nach keiner der 27 völkerrechtlich verbindlichen Embargoresolutionen seit Ende des Kalten Krieges wurde der Waffentransfer an die von den Embargobeschlüssen Betroffenen vollständig unterbunden“, kritisiert der für die Untersuchung verantwortliche Sipri-Wissenschaftler Siemon Wezeman. Die Waffen, mit deren Lieferung die 27 UNO-Embargos gebrochen wurden, wurden fast alle in den USA, China, Russland sowie Deutschland, Frankreich und Großbritannien produziert.
In den ersten 45 UNO-Jahren machte der Sicherheitsrat von der in der UNO-Charta Kapitel 7, Artikel 42 vorgesehenen Möglichkeit, das Zwangsmittel eines Waffenembargos zu beschließen, nur zweimal Gebrauch (1966–79 gegen Rhodesien, das heutige Simbabwe und 1977–1994 gegen Apartheid-Südafrika). Von den 27 Embargo-Resolutionen richteten sich 17 gegen Staaten (oder umkämpfte Teilgebiete) und ihre Regierungen, die meisten davon in Afrika: Äthiopien und Eritrea, Elfenbeinküste, dreimal Liberia, Libyen, Ruanda, Sierra Leone, Somalia, sudanesische Provinz Darfur sowie außerhalb Afrikas Exjugoslawien, Haiti, zweimal Irak, Iran, Nordkorea, Serbien-Montenegro.
Auch die acht Waffenembargos gegen Bürgerkriegsmilizen galten vornehmlich Afrika (Angola, zweimal Demokratische Republik Kongo, Sierra Leone, Sudan/Darfur sowie Irak und Libanon). Die übrigen zwei Embargos verhängte der Sicherheitsrat gegen die bis Ende 2001 von al-Qaida kontrollierten Regionen Afghanistans sowie gegen al-Qaida, die Taliban „und mit ihnen verbundene Organisationen und Einzelpersonen“.
16-mal setzte der Sicherheitsrat Waffenembargos zur Konfliktsteuerung ein: um das Ende von Kampfhandlungen, die Vereinbarung und Einhaltung von Waffenstillständen, den Abzug von Truppen sowie die Umsetzung von Friedensabkommen zu befördern. In sechs Fällen berief sich der Rat auf seine „Verantwortung für die globale Sicherheit“ und verhängte Waffenembargos, um Regierungen dazu bewegen, Nuklearversuche- oder Raketentests zu unterlassen, sich an Verträge zur Nichtweiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu halten oder die Unterstützung von Terroristen zu beenden bzw. mutmaßliche Terroristen auszuliefern.
Fünfmal wollte der Rat mit Waffenembargos illegitime Regime zur Aufgabe zwingen und gestürzten demokratischen Regierungen zur Wiedererlangung ihrer Autorität verhelfen. In diesen Fällen sowie bei der Konfliktsteuerung war der Erfolg im Sinne einer Verhaltensänderung mit rund 32 Prozent größer als im Gesamtdurchschnitt, wenn in den betroffenen Ländern UN-Blauhelme stationiert und an der Überwachung des Waffenembargos beteiligt waren.