PRESS-SCHLAG
: Langeweile mit Anpfiff

PUCKGATE Werder kann nur die Vorspiele gegen Bayern spannend bestreiten. Auf dem Rasen ist plötzlich selbst ein nicht gegebener Elfer kein Aufreger mehr

Pep Guardiola tat, was er angekündigt hatte: Er kümmerte sich einen feuchten Dreck um das Thema. Schon wenige Minuten nach Anpfiff verließ der Bayern-Coach also erstmals jenen virtuellen Trainerkäfig, der fachsprachlich Coachingzone genannt wird, bis zum Schlusspfiff tat er es immer und immer wieder, selbst eine Ermahnung durch den vierten Offiziellen bereits in der neunten Spielminute konnte ihn davon nicht abhalten. Warum auch? Guardiola macht das schließlich immer so. 80 Prozent der Zeit, so hat es der TV-Sachverständige Lothar Matthäus einmal vermerkt, halte sich der Spanier außerhalb besagter Zone auf, erst kürzlich wurde der Bayern-Coach sogar an der Eckfahne gesichtet. Ganz offensichtlich ist der Käfig einfach zu klein für so einen großen Trainer. Man muss dafür Verständnis haben.

Weshalb dies hier erwähnt wird, hat damit zu tun, dass zumindest Thomas Eichin kein Verständnis für Guardiolas Ausflüge hat. Im Bremer Weser-Kurier hatte der Werder-Manager angeprangert, dass der Bayern-Coach an der Seitenlinie machen könne, was er wolle, auch ansonsten werde mit „zweierlei Maß“ gemessen, wenn die Bayern mit im Spiel sind. „Bayern-Bonus“ lautete das dazu passende Stichwort. Bestimmt ist es ein Bruder vom nicht minder populären „Bayern-Dusel“.

Dass all dies ausgerechnet vor der samstäglichen Partie zwischen Bremern und Bayern geschehen ist, war natürlich kein Zufall – und hat sich zumindest laut „sportinformationsdienst“ in Windeseile zu „Puckgate“ ausgewachsen. Denn Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer hatte in seiner bekannt ätzenden Art zurückgekeilt, Eichin habe in seiner Zeit als Eishockey-Manager bei den Kölner Haien wohl „mal einen Puck an den Kopf bekommen, und das sind nun die Spätfolgen“.

Es war in dieser Woche also ein bisschen wie früher, als Werder-Manager Willi Lemke und Bayern-Chef Uli Hoeneß quasi im Dauerclinch gelegen hatten. Und zumindest aus Bremer Sicht war das Vorspiel deutlich unterhaltsamer als die Partie am Wochenende, schon weil die Norddeutschen das Giftpfeileschießen unter der Woche deutlich ausgeglichener hatten gestalten können als das Toreschießen am Samstag. 4:0 stand es am Ende für die Bayern. Selbst ein wegen Handspiels von Sebastian Prödl verweigerter Treffer von Fin Bartels nach einer guten Stunde, dem wiederum ein Foul von Jerome Boateng vorangegangen war, sorgte nur kurz für Aufregung. Zum einen hatte der Treffer wenig mit dem bekrittelten „Bayern-Bonus“ zu tun, sondern schlichtweg damit, dass Schiedsrichter Kinhöfer kurzeitig die Sicht aufs Geschehen gefehlt hatte, wie er später zu Protokoll gab („Wenn wir die Fernsehbilder gesehen hätten, hätten wir auf Strafstoß entschieden“). Zum anderen gab es kaum einen Zweifel daran, dass Guardiolas Bayern sich den Sieg auch durch einen Elfmeterpfiff nicht hätten nehmen lassen, wie nicht nur Viktor Skripnik anerkannte. „Das war ein verdienter Sieg, das ist klar“, stellte der Werder-Coach fest.

FRANK KETTERER