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Archiv-Artikel

Wiederauferstehung kommt ins Stocken

UNGEWOHNTE PFIFFE Dem 1. FC Köln gelingt es beim 0:0 in Dortmund, dem BVB seine eben erst wiedergewonnene Lust am Spiel schon wieder gründlich zu vergällen. „Es läuft nicht einfach so“, grummelt Trainer Jürgen Klopp

Klar wie nie wurde erkennbar, wie unverzichtbar Nuri Sahin derzeit als ordnende Instanz für den BVB ist

AUS DORTMUND DANIEL THEWELEIT

Pfiffe gegen die eigene Mannschaft sind sehr selten im Dortmunder Westfalenstadion. Nur nach völlig leblosen Auftritten oder sehr schmerzhaften Niederlagen artikulieren größere Teile des wohlwollenden Publikums ihren Unmut auf diese Art und Weise. Insofern war die Reaktion der schwarz-gelben Menschen Mitte der zweiten Halbzeit des 0:0 gegen den 1. FC Köln sehr erstaunlich. Schließlich hatte Ilkay Gündogan nicht mal einen Fehler gemacht, als der Verdruss in ein kollektives Pfeifen kanalisiert wurde. Gündogan hatte den Ball lange durch die Kölner Hälfte geführt, er hatte gesucht und gesucht, aber keinen anspielbaren Mitspieler gefunden. Also passte er über 50 Meter zum eigenen Torhüter zurück.

Dieser Akt der Ratlosigkeit erzeugte Wut, wohl auch, weil er symptomatisch für die jüngsten Dortmunder Auftritte in Dresden, in Hamburg und nun gegen Köln gewesen ist. Natürlich hat die extrem unangenehme Kölner Spielweise schon vielen Gegnern den Spaß an ihrer Arbeit geraubt, aber dem BVB ist nach den Wochen der Auferstehung zuletzt grundsätzlich ein Stück Spielfreude abhandengekommen. „Wir haben in den entscheidenden Momenten zu wenig offensive Zweikämpfe gewonnen“, sagte Klopp, und Marco Reus ergänzte: „Wir haben uns zu wenig bewegt und hatten keine gute Passgenauigkeit.“

Offenbar befinden die Dortmunder sich nach ihrem Kraftakt mit den vier Siegen zwischen dem 20. und dem 23. Spieltag in einer Phase des Durchatmens. Zwar ist der BVB jetzt 270 Minuten ohne Gegentor, solch eine Serie gab es zuletzt in der Meistersaison 2011/2012. Außerdem ist das Team seit nunmehr sechs Bundesligaspielen ungeschlagen. Aber Abende wie dieser, an denen die Mannschaft keine einzige klare Torchance aus dem Spiel heraus hinbekommt, waren selbst in der krisenhaften Hinrunde eine Rarität.

Etwas besser wurde es immerhin, als nach einer Stunde Kevin Kampl und Jakub Blaszczykowski für Henrich Mkhitaryan und Shinji Kagawa eingewechselt wurden, planvolle Angriffe blieben aber selten. Wirklich gefährlich waren lediglich ein Reus-Schuss nach einem langen Einwurf und eine Kopfballverlängerung von Mats Hummels nach einem Freistoß. „Man muss sich im richtigen Zeitpunkt auch mal in einen Ball reinschmeißen, um ein Tor zu erzielen, wir wollten in den entscheidenden Momenten nicht unbedingt den Treffer“, monierte der starke Torhüter Roman Weidenfeller. Mit anderen Worten: Der BVB war nicht gierig genug.

An die eigene Leistungsgrenze geht das Team in dieser Saison vor allem in Extremsituationen. Auf der glanzvollen Champions-League-Bühne, in Spielen gegen den FC Bayern oder wenn es wirklich um den Verbleib in der Liga geht. Partien, die ohne Grenzerfahrung gewonnen werden, sind dagegen viel zu selten. „Es läuft nicht einfach so“, sagte Klopp, „man merkt, dass wir keine 60 Punkte haben, das selbstverständliche Selbstvertrauen, das sich dann einstellt, das können wir im Moment nicht haben.“ Allerdings kam an diesem Abend auch noch eine ungewohnte Fehlerhaftigkeit im Spielaufbau hinzu.

Ilkay Gündogan und Sebastian Kehl, der den angeschlagenen Nuri Sahin vertrat, erlaubten sich durch Ungenauigkeiten und falsche Entscheidungen besonders in der Anfangsphase viele Ballverluste im Mittelfeld. „Wenn man die Bälle in den falschen Räumen verliert, wird es richtig schwer zu verteidigen“, lautete Klopps Erklärung für die wunderbaren Kontermöglichkeiten, die die Kölner ungenutzt ließen.

Klar wie nie wurde erkennbar, wie unverzichtbar Sahin derzeit als ordnende Instanz ist. Die Klarheit im Passspiel des Deutschtürken ist ein wichtiger Mosaikstein im Dortmunder Aufschwung der vergangenen Wochen. Immerhin wird Sahin im großen Europapokalspiel am Mittwoch gegen Juventus Turin wohl wieder spielen können, aber nicht nur deshalb ist davon auszugehen, dass der BVB in der Champions League anders auftritt. „Heute hat man gesehen, wie es nicht geht, jetzt haben wir vier Tage Zeit, zu lernen, wie es besser funktioniert“, sagte Klopp. Und so ein K.-o.-Spiel auf Weltklasseniveau werden die Dortmunder ganz gewiss mit einer etwas hartnäckigeren und hungrigeren Attitüde angehen.