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Archiv-Artikel

Wohngemeinschaft im Norden

Hamburg und Schleswig-Holstein wollen die gemeinsame Wirtschaftsregion so lange intensivieren, bis an einer Fusion der beiden Länder kein Weg mehr vorbei geht. Die Wirtschaft drückt aufs Tempo

Hamburg und Schleswig-Holstein wollen ihre Zusammenarbeit weiter vertiefen und eine gemeinsame Wirtschaftsregion schaffen. Das bekräftigten Bürgermeister Ole von Beust und Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (beide CDU) gestern auf dem Kongress „Mehr Raum für Wirtschaft“ in Norderstedt: „Wir müssen schon jetzt so handeln, als wären wir ein Land“, sagte Carstensen. Von einer „Wohngemeinschaft“ sprach von Beust: „Ich will eine faire, partnerschaftliche Zusammenarbeit.“

Viel Beifall dafür gab es von den Handelskammern und den Unternehmensverbänden der beiden Länder. Sie forderten einen Masterplan, der den Weg zur Fusion bis 2015 bereite. „Vor einer Länderfusion muss eine gut gewachsene Kooperation stehen“, die vor allem die Bereiche Verkehr, Marketing, Wirtschaftsförderung und ein „gemeinsames echtes Luftverkehrskonzept“ umfasse, sagte Hans Heinrich Driftmann, Chef des Unternehmensverbandes Schleswig-Holstein. „Auf Teufel komm’ raus alles zu fusionieren, ergibt keinen Sinn“, warnte Carstensen jedoch vor übertriebenem Eifer. Er müsse als Ministerpräsident auch auf eine gewisse einheitliche Entwicklung des Landes achten. Die Befindlichkeiten der Menschen in Nordfriesland, Schleswig oder Rendsburg müssten berücksichtigt werden.

Beide Regierungschefs betonten, das Wachstum der Metropolregion um Hamburg komme auch dem Norden Schleswig-Holsteins zugute, ebenso Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Beust erinnerte an die Notwendigkeit der Elbvertiefung. Sobald die Sicherheit der Deiche nachgewiesen sei, erwarte er die Zustimmung auch aus Niedersachsen, damit das Vorhaben 2008 starten könne.

Bei dem Kongress mit mehreren hundert Teilnehmern wie Landräten, Bürgermeistern, Unternehmern und Abgeordneten wurde ein Gutachten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft vorgestellt, das die schleswig-holsteinische Staatskanzlei in Auftrag gegeben hatte. Darin werden „Potenziale und Chancen zum Aufbau einer gemeinsamen Wirtschaftsregion“ ausgelotet.

Einer von vielen Aspekten ist dabei die Wiederaufnahme der Planungen für einen Flughafen im schleswig-holsteinischen Kaltenkirchen etwa 25 Kilometer nördlich von Hamburg. Dieses Projekt wird seit fast drei Jahrzehnten immer mal wieder aufgewärmt, während der Hamburger Flughafen Fuhlsbüttel zum inzwischen viertgrößten Airport Deutschlands ausgebaut wurde. SVEN-MICHAEL VEIT