: Kommissarsschmiede enttäuscht
Sinkende Studierendenzahlen, Zweifel an der wissenschaftlichen Qualität und nur eine befristete akademische Akkreditierung: Die unter Schmerzen geborene Hochschule der Polizei in Hamburg sieht sich wachsender Kritik ausgesetzt
von KAI VON APPEN
Die zu Jahresbeginn gegründete Hochschule der Polizei (HdP) in Hamburg entwickelt sich offenbar zum Flop – und zudem zu einem kostspieligen. Nach knapp einem Jahr hat die so genannte „Polizei-Uni“ noch immer keine dauerhafte Akkreditierung als Hochschuleinrichtung, sondern nur eine unter Auflagen bis Ende September 2008 befristete. Kritiker machen dafür vor allem den HdP-Präsidenten und Bundespolizisten Jörg Feldmann verantwortlich.
Zudem sinkt die Zahl der Studierenden von ehemals 500 stetig: Derzeit sind es 130, Mitte kommenden Jahres werden es knapp 90 sein. Die Zahl der DozentInnen ist dabei nahezu gleich geblieben, das Verwaltungspersonal hat sich verdoppelt. „Die Einrichtung ist völlig aufgebläht und läuft finanziell aus dem Ruder“, sagen Hochschulinsider – auch, weil Hamburgs Polizeiführung „unliebsame Leute“ dort „entsorgt“.
Die Gründung der Hochschule als Körperschaft des Öffentlichen Rechts – und damit die Herauslösung der Kommissarsausbildung aus der bestehenden Hochschule für öffentliche Verwaltung – war umstritten. Dennoch erfüllte Hamburgs parteiloser Innensenator Udo Nagel Ende des vorigen Jahres den hanseatischen Polizeistrategen den alten Traum, die Ausbildung für den gehobenen Polizeidienst wieder unter die eigenen Fittiche zu bekommen.
Der Öffentlichkeit schmackhaft gemacht wurde die Hochschule durch erklärt neue Modelle der „Sicherheitspartnerschaft“, die dort praktiziert werden sollten. So wurde – zusätzlich zum bestehenden Diplomabschluss für Studierende aus dem Polizeidienst – ein Bachelor-Studiengang „Sicherheitsmanagement“ eingerichtet. Derlei gibt es zwar auch schon in Bremen, Lüneburg, Kiel und Altenholz (Kreis Rendsburg-Eckernförde). So neu wie fragwürdig in Hamburg ist aber, dass im Grundstudium einerseits solche Kommissarsanwärter, die als „Seiteneinsteiger“ nicht aus der Polizei kommen, und Security-Leute nebeneinander lernen. Während die künftigen Bachelor-Polizisten dafür keine Studiengebühren zahlen müssen, haben die privaten Security-Arbeitgeber pro Studierendem 490 Euro monatlich zu entrichten.
Dieser Studiengang entwickelt sich offenbar nicht, wie es erhofft worden war. So konnte das erste Semester nur mit Mühe mit 20 Personen einigermaßen gefüllt werden: Zuvor durch die Aufnahmeprüfung gefallene Aspiranten fürs Polizeistudium wurden fürs „Sicherheitsmanagement“ zugelassen, ein strafrechtlich vorbelasteter Kandidat aus dem Türstehermilieu erstritt die Zulassung vor dem Verwaltungsgericht, ein anderer möchte ihn derzeit noch erkämpfen.
Wenig übrig blieb auch von des Senators ursprünglicher Zusage, als Hochschulpräsidenten eine Person mit „herausragenden wissenschaftlichen Qualitäten“ zu suchen. Stattdessen wurde – ohne jede Ausschreibung – mit Jörg Feldmann einer aus dem eigenen Hamburger Stall auf den Posten gehievt. Der frühere Dozent für Kriminologie an der Bundespolizeischule Lübeck habe „keine Ahnung, wie eine Hochschule funktioniert“, sagen Insider zur taz. Feldmann führe „die Einrichtung wie eine Polizeidienststelle“, und das sei von der Hamburger Polizeiführung auch gewollt. Einigen Führungsbeamten nämlich sei die HdP wegen der dortigen „Versauung durch die Theorie“, so ein Insider, schon immer ein Dorn im Auge gewesen. Lehrinhalte wie Staats- und Verfassungsrecht oder auch Politologie gelte ihnen als bloßer Ballast. Bei einigen ranghohen Ordnungshütern herrscht demnach die Mentalität, dass ein bisschen „periphere Wissensvermittlung“ ja ganz gut sei, aber „die entscheidenden Inhalte vermitteln wir in der Praxis alle selber“.
Eine Quittung kam Anfang November: Die Gutachterkomission des Akkreditierungs-, Certifizierungs- und Qualitätssicherungsinstituts (Acquin) gab ihr Gutachten ab, das im September 2006 noch vor der Gründung der GdP in Auftrag gegeben worden war: Die Hamburger Hochschule erhielt nur ein einjähriges Zertifikat, und sogar das nur unter Auflagen. Es müsse „ein Konzept vorgelegt werden, wie die Vernetzung von Theorie sichergestellt wird“, fordert Acquin. Zudem wird die HdP dazu verdonnert, eine „Kapazitätsplanung“ vorzulegen und „die fachliche Qualifikation des Lehrpersonals nachzuweisen“.
Kritiker bewerten den HdP-Start daher in einem zentralen Punkt als „Fehlstart“: Es gebe „keine Polizeihochschule im Norden, die nicht langfristig akkreditiert ist“. Das weist Präsident Feldmann gegenüber der taz zurück: Er spricht von einem ganz normalen „Vorgang, der im Rahmen des Aufbaus einer Hochschule zu bewältigen ist“. Es bestünden „keine wesentlichen Hindernisse“.
Tatsächlich bestätigt auch Acquin-Geschäftsführer Thomas Riel, dass bei Hochschulen der „internen Ausbildung“ häufig Auflagen „zur Verzahnung von Theorie und Praxis“ erteilt werden müssen.
Die Hamburger Innenbehörde wollte sich zu dem Sachverhalt nicht äußern. Die HdP „ist eine eigene Institution“, so Behördensprecherin Ulrike Sweden. „Das ist ein normaler Vorgang, der nicht politisch bewertet werden müsste.“
Präsident Feldmann reagierte nach taz-Informationen trotzdem – und das nach Polizeimanier: So hat er offenbar mehrere Dozenten zu Fortbildungsveranstaltungen in die Polizei-Führungsakademie Hiltrup abkommandiert, obwohl ihre eigenen Lehrverpflichtungen offiziell „Vorrang vor anderen Aufgaben“ genießen.