urdrüs wahre kolumne
: Schnell wie Herpes

Allen, die immer noch an die Solvenz des kackbraunen Hamburger Immobilienhändlers Jürgen Rieger glauben und schon zur Sammelbüchse greifen, wenn dieses mutmaßliche Mitglied des Reichsrechtswahrerbundes eine Problemimmobilie auch nur anschaut, sei nach seinem versiebten Deal am Meller Bahnhof versichert: Der hat gar kein Geld mehr – fast alles verbraten bei seinen Lebensborn-Versuchen in Verden, aus germanisch-blonden Eizellen und reinrassigem Schäferhund-Sperma Titanen zu produzieren, so zäh wie Pansen, hart wie Paranuss und schnell wie Herpes im rheinischen Karneval. Und den Rest hat ihm dann noch ein Agent des Mossad bei 17 und 4 mit deutschem Skatblatt abgenommen. Gut dem Ding!

Geröstete Esskastanien verkauft ein Straßenhändler in der hannoverschen Innenstadt, und getrieben von einer Mischung aus jäher Gier und spontaner Rührung kaufe ich ein Tütchen für drei Euro. Die Maronen erweisen sich aber durchweg als ungenießbar und so wende ich mich beschwerdeführend an den Händler. Der keineswegs versucht, den unbefriedigenden Zustand seiner Ware zu leugnen, sondern lediglich meint: „Ich weiß, die taugen heute nichts. Aber ich kann die doch nicht alle wegwerfen – der Großhändler gibt mir das Geld ja auch nicht zurück, da kann ich nicht allein auf dem Schaden sitzen bleiben!“ Eine Argumentation, die man nicht so einfach zurückweisen kann …

Eine jüngere Bekannte front seit einigen Wochen unter dem Druck von Hartz-IV-induzierten Stadtwerkeschulden in einem Bremer Rotlichtbetrieb, wo ich ihr jetzt – als Ghostwriter ihrer Bewerbung um einen Job als Kulturpädagogin – zum Einholen erforderlicher Informationen einen spätabendlichen Besuch am Arbeitsplatz machte. Der Chefin gefiel das zunächst gar nicht, aber nachdem sie unser Gespräch beiläufig verfolgt hatte, bat sie mich noch um etwas Zeit: Sie habe gerade ihren 18-jährigen Sohn angerufen, der eine Lehrstelle „mit Elektro“ suche und seine Unterlagen mitbringen werde. Das Ende vom Lied: Auf einem Kunststoffsofa beim Schummerlicht im Separee sitzend, erstelle ich Lebenslauf und Bewerbung für diesen Sebastian. Und verfüge jetzt über 20 Getränkebons des Hauses – „aber nur außerhalb des Separees gültig“, wie mir die Chefin zu bedenken gibt.

Misslich diese Zeiten als Lokalredakteur in der Kleinstadt: Kein Tag, da nicht irgendwer meint, bei Vereinsfeiern oder Hintergrundgesprächen den jovialen Fettsack als Diener der vierten Gewalt mit Kohl und Pinkel erquicken zu müssen. Und jetzt geht es über Weihnachtsmärkte und Basare auch noch los mit dem adventlichen Glühweinzwang: So werde ich zu Wachs in den Händen jener, die stattdessen strammen Max mit Fassbier spendieren: Derlei Öffentlichkeitsarbeit gefällt ihm wohl, dem ULRICH „Korruptus“ REINEKING

ULRICH REINEKING, Journalist, Kabarettist und Freund des Feiertags, empfiehlt einen maßvollen Speiseplan.