: Auch Ecuador auf dem Weg zum Sozialismus
Ecuadors verfassunggebende Versammlung nimmt die Arbeit auf, und das Parlament wurde in die Ferien geschickt
BUENOS AIRES taz ■ In Ecuador ist am Donnerstag erstmals die verfassunggebende Versammlung zusammengetreten. Präsident Rafael Correa hat der Versammlung in einem Schreiben seinen Rücktritt angeboten, um damit die umfassenden Machtbefugnisse der Abgeordneten zu unterstreichen. Die Ende September gewählten Vertreter haben das uneingeschränkte Mandat zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Eine Annahme des Rücktrittsangebots wird jedoch nicht erwartet.
Für die Versammlung war eigens ein neues Gebäude in Montecristi errichtet worden. Die Stadt liegt in der Küstenprovinz Manabí, rund 250 Kilometer westlich von der Hauptstadt Quito. Bei der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung hatte die Liste des 44-jährigen Staatschefs einen klaren Sieg errungen und hat mit 80 der 130 Abgeordneten die Mehrheit.
Innerhalb von 180 Tagen, mit der Option auf eine Verlängerung von bis zu 60 Tagen, soll das neue Grundgesetz ausgearbeitet sein. Auf ihrer ersten Sitzung wählten die Delegierten Correas ehemaligen Energieminister Alberto Acosta mit 121 Stimmen zum Präsidenten der Versammlung. Die neue Verfassung soll Anfang 2008 durch ein Referendum bestätigt werden.
Umstritten ist noch immer, ob der Kongress aufgelöst werden soll. Zwar meldeten am Freitag verschiedene Agenturen genau das, doch Versammlungspräsident Alberto Acosta hatte am Donnerstag lediglich bestätigt, dass die Kongressabgeordneten „ihre Funktionen einstellen und in die Parlamentsferien gehen werden.“ Correas Partei „Acuerdo País“ stellt im Kongress keinen Abgeordneten. Der Präsident hatte nach der Wahl angekündigt, der Kongress müsse zumindest vorübergehend seine Aktivitäten einstellen. Das Parlament sei „nicht auf der Höhe des historischen Augenblicks“.
Ähnlich wie seine Amtskollegen Hugo Chávez in Venezuela und Evo Morales in Bolivien strebt Correa einen „Sozialismus des 21, Jahrhunderts“ an. Eine uneingeschränkte Wiederwahl des Präsidenten wie in Venezuela ist jedoch nicht geplant. Ein Umbau des politischen Systems mit der Entmachtung der weißen Oberschicht soll die Umsetzung einer sozialeren Politik erleichtern. Zudem will die linke Bürgerallianz die Rechte der Ureinwohner stärken, die rund ein Drittel der Bevölkerung stellen. JÜRGEN VOGT