: Nichts Genaues weiß man nicht
WASSERBETRIEBE SPD-Chef will „entschieden“ über Rückkauf verhandeln. Finanzsenator ist skeptisch
BWB-Chef Jörg Simon
Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hat Erwartungen gedämpft, dass die privaten Teilhaber an den Berliner Wasserbetrieben (BWB), RWE und Veolia, wegen künftig niedrigerer Gewinnerwartungen ihre Anteile nun zügig an das Land Berlin verkaufen. Zwar hat das Bundeskartellamt die BWB am Montag aufgefordert, ihre Preise um gut ein Fünftel zu senken. Für Nußbaum hat das aber keine zwingenden Auswirkungen auf die laufenden Gespräche mit RWE: „Die Verhandlungen werden dadurch nicht einfacher.“
Das Kartellamt hatte am Montag die Wasserbetriebe wegen zu hoher Preise abgemahnt – und das ausführlich: „auf fast 200 Seiten, das Faxgerät war über eine Stunde blockiert“, grantelte Nußbaum. Der aktuelle Streit geht auf den Teilverkauf der BWB aus dem Jahr 1999 zurück. Damals gab Berlin 49,9 Prozent der Wasserbetriebe ab. Was viel kritisiert wurde: Die privaten Teilhaber erhielten quasi eine Gewinngarantie. Durch die im Vergleich zu anderen Großstädten hohen Preise flossen aber auch viele Euros in die Landeskasse: Die BWB überwiesen nach eigenen Angabe 2010 den privaten Teilhabern und dem Land je 130 Millionen.
Die BWB selbst bezweifeln, dass das Bundeskartellamt überhaupt mitzureden hat. „Unsere Preisgestaltung ist an gesetzliche Vorgaben gebunden, weshalb unsere Trinkwasserpreise in ihrem Wesen Gebühren sind“, sagte BWB-Chef Jörg Simon – und für Gebühren sei das Land zuständig. Nach eigenen Angaben haben die BWB Klage eingereicht, um die Frage der Zuständigkeit klären zu lassen.
Der SPD-Landesvorsitzende Michael Müller sah durch die Abmahnung des Kartellamts den Rückkauf-Kurs seiner Partei bestätigt. „Es ist gut, dass die SPD in der Koalitionsvereinbarung den Weg der Rekommunalisierung offen gehalten hat“, sagte Müller, „der neue Senat wird die Verhandlungen mit den privaten Gesellschaftern entschieden weiterführen.“
Davor warnte die Industrie- und Handelskammer. „Nicht zuletzt mit Blick auf den hohen Schuldenstand darf sich unsere Stadt nicht in neue Rekommunalisierungsabenteuer auf dem Wassermarkt stürzen“, sagte ihr Hauptgeschäftsführer Jan Eder. Er verwies auf ein Gutachten, das schon im Frühjahr vorgerechnet habe, dass ein Rückkauf „keine seriöse Entlastung der Verbraucher nach sich zieht“.
RWE hatte vor über einem halben Jahr rund 800 Millionen Euro für seine Anteile gefordert. Der von Eder erwähnte Schuldenberg liegt weiterhin bei 63 Milliarden Euro. STEFAN ALBERTI