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Archiv-Artikel

Zusätzliche Millionen für ein Lebensende in Würde

GESETZENTWURF Die palliativmedizinische Versorgung sterbenskranker Menschen wird ausgebaut

BERLIN taz | Es ist die Angst vor unerträglichen Schmerzen, vor Einsamkeit am Lebensende und einer Medizin, die nicht nach dem Willen fragt, auf die nun die Bundesregierung reagiert: Schwarz-Rot will die palliativmedizinische Versorgung sterbenskranker Menschen spätestens ab 2016 deutlich verbessern – und zwar sowohl ambulant in der häuslichen Pflege als auch stationär in Hospizen, Krankenhäusern und Pflegeheimen. Die bestehenden Angebote sollten besser miteinander vernetzt und vor allem flächendeckend ausgebaut werden, also auch in bislang unterversorgten ländlichen Räumen, hieß es am Mittwoch aus Regierungskreisen.

Ein entsprechender Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung“ aus dem Haus von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der der taz vorliegt, sieht vor, dass die gesetzlichen Krankenkassen statt bisher 90 künftig 95 Prozent der zuschussfähigen Kosten in stationären Hospizen erstatten müssen, was Mehrausgaben von rund 4 Millionen Euro ausmacht. Daneben soll der Mindestzuschuss pro Tag in den Hospizen von derzeit 198 auf künftig 255 Euro angehoben werden (Mehrausgaben: 13 Millionen Euro). Menschen in Pflegeeinrichtungen sollen einen Rechtsanspruch haben auf Beratung über palliativmedizinische Versorgungsmöglichkeiten. Auch der Leistungskatalog zur häuslichen Krankenpflege müsse angepasst werden. Krankenhäuser dürfen künftig eine Finanzierung ihrer Hospize außerhalb des Fallpauschalen-Systems fordern. Insgesamt wird damit gerechnet, dass die Kassen ihre Ausgaben von derzeit rund 400 Millionen Euro auf künftig bis zu 600 Millionen Euro pro Jahr werden aufstocken müssen.

Mangel auf dem Land

Das Gesetz soll noch vor der Sommerpause ins Kabinett eingebracht werden. Mit den etwa zeitgleich erwarteten, fraktionsübergreifenden Gruppenanträgen für weiterreichende Gesetze zur Neuregelung der Sterbehilfe und des ärztlich begleiteten Suizids in Deutschland habe es nichts zu tun, hieß es am Mittwoch aus Regierungskreisen.

Nach Angaben des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands gibt es derzeit bundesweit mehr als 450 Palliativstationen und stationäre Hospize, 270 Teams für spezialisierte ambulante Palliativversorgung sowie 1.500 ambulante Hospizdienste. Noch fehlten aber 100 Teams von Fachleuten im ländlichen Raum.

HEIKE HAARHOFF