: Sicherheitskopie
SZENISCHE LESUNG Zum ersten Todestag feiern Josef Bierbichler, Harry Rowohlt und Dieter Glawischnig Peter O. Chotjewitz
VON ROBERT MATTHIES
Der damit einhergehende totale Datenverlust, das sei am Sterben schon ärgerlich, schrieb Peter O. Chotjewitz in seinen „Kleinen Versuch über das Sterben“. Der Inhalt tausender Bücher – mit einem Schlag weg. Und andere müssen es sich mühsam wieder aneignen. Dringend notwendig sei eine Methode, von seinem Gehirn eine Sicherheitskopie anzulegen.
Deren Entdeckung darf „der Pit“ nicht mehr erleben. Aber dass es genug Material gibt, sich dem vor einem Jahr schlagartig verlustig gegangenen Kopfinhalt zumindest ein wenig zu nähern, darum hat sich der leidenschaftliche Fürsprecher spätrömischer Dekadenz seit Mitte der 1960er trotz aller Faulheits-Ethik emsig gekümmert: immerhin gut vierzig Bücher hat er selbst uns anderen zur – nicht immer nur mühsamen – Aneignung hinterlassen.
Ein Jahr nach dem Tod des gelernten Anstreichers, literarischen Tausendsassas, Dario Fo- und Nanni Balestrini-Übersetzers, Andreas Baader- und Peter-Paul Zahl-Anwalts und berüchtigten Boheme-Exzentrikers feiern Sepp Bierbichler, Harry Rowohlt, Dieter Glawischnig, Astrid Kramer und Wolfgang Hartmann mit einer szenischen Lesung dessen „grundlosen Optimismus“.
Zu hören gibt es dabei nicht nur einige der „Fast letzten Erzählungen“ wie das ebenso knappe wie treffsichere „Lob der Pfaulheit“ und Ausschnitte aus dem „Nachlassbuch“ „Mit Jünger ein’ Joint aufm Sofa, auf dem schon Goebbels saß“ des längst Todgeweihten, sondern auch immer wieder Jazz. Und zu Trinken gibt es sicher auch genug. Aber Achtung: das wahre Trinken ist ein „ganzheitliches Tun“.
■ Mo, 12. 12., 20 Uhr, Polittbüro, Steindamm 45