Die Frau für den Status quo

Equal Pay Day nennt er sich, der Tag, bis zu dem Frauen in einem Jahr theoretisch umsonst arbeiten, während ihre männlichen Kollegen schon seit Januar Gehalt beziehen. Gestern war es wieder so weit, und der Bundestag würdigte diesen Tag mit einer Debatte über Gehaltsunterschiede und ihre Ursachen, etwa das Bild der Frau als Zuverdienerin, der auch viele Unternehmer mangelnden Karrierewillen unterstellen. Nur eine verteidigt mit geradezu unbestechlicher Logik den Status quo: Kristina Schröder (Foto).

Am Donnerstag teilte die ehemalige CDU-Frauenministerin auf Twitter mit: „Frauen verdienen nicht für die GLEICHE Arbeit 22% weniger. Sonst würde sich ja die Frage stellen, warum nicht mehr Unternehmer nur Frauen beschäftigen, um 22% Lohnkosten zu sparen?!“ Frauen verdienen laut Angaben des Statistischen Bundesamtes für die exakt gleiche Tätigkeit sieben Prozent weniger als ihre Kollegen. Die 22 Prozent beziehen sich auf den generellen Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern. Das ist eigentlich allgemein bekannt und keine twitternswerte Neuigkeit.

Was der Tweet noch zeigt: Schröder scheint nicht verstanden zu haben, was die Ursachen der Problematik sind. Der Markt richtet nicht alles, wie man an den sieben Prozent Lohnlücke sehen kann. Auch sieben Prozent Einsparungen wären für einen Unternehmer ja noch ein verlockendes Angebot. Es geht aber gerade darum, dass antiquierte Rollenvorstellungen hier zum Teil die Marktlogik aushebeln.

Dass Schröder, der Exfrauenministerin, diese Zusammenhänge offenbar fremd sind, macht sie zur Lobbyistin der Woche: Lobbyistin für den Status quo. Hätte Schröder sich während ihrer Amtszeit effektiv für Frauen eingesetzt, der Tweet wäre nicht nötig gewesen. IMRE BALZER