: Athen darf auf Geld hoffen
EUROKRISE Regierungschef Tsipras will Reformliste vorlegen. Wann der neue Kredit fließt, bleibt offen
■ Die EU ist äußerst besorgt über die dramatische Ausbreitung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) am südlichen Rand des Mittelmeers. Für Tunesiens Nachbarstaat Libyen wird unter bestimmten Voraussetzungen eine europäische Friedensmission erwogen. Das nur wenige hundert Kilometer Seeweg von Italien entfernte Bürgerkriegsland gilt als neue islamistische Hochburg in Nordafrika. „Libyen ist die Grenze zu Europa. Wenn die Probleme in Libyen nicht gelöst werden, hat auch Europa ein Problem“, kommentierte Bundeskanzlerin Angela Merkel. (afp)
AUS BRÜSSEL ERIC BONSE
Das von der Pleite bedrohte Griechenland muss weiter auf die zugesagte Finanzhilfe warten. Beim EU-Gipfel in Brüssel konnte sich der griechische Premier Alexis Tsipras nicht mit seiner Forderung an die Geberländer durchsetzen, sofort Gelder aus dem verlängerten Hilfsprogramm auszuzahlen. Stattdessen sagte er zu, in den nächsten Tagen eine neue, vollständige Liste von Reformen vorzulegen. Erst danach soll über Notkredite entscheiden werden.
Das griechische Drama geht also in eine neue Runde – allerdings unter etwas günstigeren Vorzeichen. Denn sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch Tsipras gaben sich nach der dreistündigen Krisensitzung ungewohnt optimistisch. Merkel sprach von einem „sehr guten und konstruktiven Gespräch“. Tsipras sagte, nach dem Hin und Her der letzten Wochen gebe es nun Grund zu Optimismus.
Die zuletzt massiven deutsch-griechischen Spannungen wurden also rechtzeitig vor Tsipras’ Antrittsbesuch in Berlin am kommenden Montag etwas gedämpft. Allerdings bleibt weiter umstritten, auf was sich die Kontrahenten genau geeinigt haben. Merkel stellte heraus, dass weiter die Vereinbarung mit der Eurogruppe vom 20. Februar gelte. Demnach muss Athen bis Ende April mehr als 50 Reformen auf den Weg bringen.
Tsipras betonte hingegen, dass Athen das Recht erkämpft habe, selbst zu bestimmen, welche Reformen es zuerst angehe. Zudem sei festgelegt worden, dass die Troika nur zum „fact finding“ – also zur Überprüfung – nach Athen reist. Allerdings hatte Griechenland die Troika erst vor wenigen Tagen unsanft aus Athen verabschiedet. Nun sagte Finanzminister Gianis Varoufakis zu, „sofort und konstruktiv“ zu kooperieren.
Neue Töne kamen auch von Tsipras. Er bezeichnete Merkel als „EU-Partner“, mit denen man eine „Basis der Verständigung“ gefunden habe. So hätten Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem die „humanitäre Krise“ in seinem Land anerkannt. Juncker habe zudem weitere EU-Hilfen im Wert von 2 Milliarden Euro zugesagt.
Unklar bleibt weiter, ob und wann Griechenland mit dem Geld aus dem laufenden Hilfsprogramm rechnen kann. Es geht um insgesamt 7,2 Milliarden Euro. Tsirpas und Merkel äußerten sich dazu betont vage. Die Zahlungen sollten „so bald wie möglich“ wiederaufgenommen werden, sagte der griechische Premier. Sobald die Reformliste vorliege, werde sich die Eurogruppe treffen und über die Hilfen beraten. Dies könne schon am kommenden Freitag passieren, so griechische Diplomaten. Demgegenüber dämpfte Merkel die Erwartungen. Das Geld könne erst ausgezahlt werden, wenn alle Auflagen erfüllt sind.
Nur in einem waren sich alle Beteiligten einig: Eine plötzliche Pleite, neudeutsch „Graccident“, müsse unbedingt verhindert werden. Damit dies gelingt, müsste spätestens Anfang April frisches Geld nach Athen fließen.